Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

längs

Erklärung

In der Wendung "dran längs gehen" 'etwas regelhaft abarbeiten, überprüfen': "Kuck ma die Beete da, da mussde aber ma dran längs gehen, wie die aussehen! Bei de Möhren muss man regelmäßich dran längs gehen, ob da nich schon wieder die Schnecken dran sind."

längsen

Erklärung

'sich hinlegen, herumliegen, faulenzen': "Dem sein Älster, wänn der vonner Arbeit kommt, längst der sich ers ma ne Stunde aufe Couch. Jetz längs doch nich den ganzen Tach aufe Liege rum." "Gelängst" wird im zentralen Rheinland.

Lappen

Erklärung

'Führerschein': "Mir haben se den Lappen abgenommen. Hasse den Lappen noch? Du hast zu viel getrunken, pass ma bloos auf, datte den Lappen nich los wirs. Wenn de mit 100 Sachen durch et Dorf bräts, brauchse dich nich zu wundern, wenn der Lappen wech is. Mich hat de Schmier erwischt, ich moot de Lappe afjäwe."

"durch die Lappen gehen" 'vergessen, eine Chance verpassen': "Dat mit deinem Geburtstag is mir völlich durch de Lappen gegangen. Der billige Computer bei Aldi is mir wieder durch de Lappen gegangen."

Auch: 'abhauen, weggelaufen, verschwinden, unbemerkt bleiben statt aufzufallen': "Dä Dieb is dä Pullizei dursch de Lappen gegangen. Hach, jetz hab-isch es dreimal durchgelesen, aba dieses verdammpte vergessene Komma is mir jedes Mal durch die Lappen gegangen."

lappen

Erklärung

in der Wendung "sich einen lappen" 'sich etwas zu Schulden kommen lassen, etwas aushecken': "Wat hasse dir denn wieder gelappt? Der hat sich vielleicht einen gelappt, da kommt noch wat hinter her." "Lappen" kann auch 'treten' bedeuten, z.B. des Balles beim Fußball: "Dä Pitte hät däm Franz ene in dä Kaste (Tor) jelapp." Deshalb kann "drauflappen" auch 'die Bremse/das Gaspedal voll durchtreten' meinen: "Als die Omma auf de Straße latscht, musst ich voll in die Eisen lappen. Lapp mal drauf, wir sind spät dran." "Lappen, verlappen" kann auch für 'Schläge bekommen' stehen: "Der Schuster issen Schuh am lappen" ('mit kräftigen Schlägen traktieren').

läppern

Erklärung

'allmählich zusammenkommen, anhäufen': "Die Schulden läppern sich. Jeden Tach ne Schachtel Kippen, dat leppert sich. Wie gehdet? Et läppert sich (ironische Antwort im Sinne von 'es geht')."

"zusammenleppern" (dasselbe): "Bei jedem Tanken drei Mark sparen, da leppert sich ganz schön wat zusammen übert Jahr."

"läppern" gehört zur großen mundartlichen Wortfamilie um den "Lappen": "lappen" 'dick auftragen': "Musse dir die Butter so dick auf et Brot lappen. Wer weiß, wat der sich schon wieder gelappt hat? (etwas ausfressen). Der hat sich vielleicht en Ding gelappt (in ein Fettnäpfchen treten)"

"anlappen" 'anflicken': "Dat hab ich da so angelappt, dat hält schon."

"läppsch", "läppisch" 'fade, uninteressant, unbedeutend, wenig gewürzt': "Stell dich doch nich so läppsch an. Mit sonnem läppschen Kram kannze mich nich kriegen. Die Suppe is aber läppsch." Auch auf Menschen bezogen: "Sonn läppschen Typ, wat willse denn mit dem? (langweilig)"

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!