Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

ma

Erklärung

Die sprechsprachliche Variante von "mal, einmal", im Rheinland ständig zu hören: "Mach ma die Tür zu. Mach ma vorran. Ständich hör ich nur: Tuße ma dat , tuße ma dies! Kannze ma dat, kannze ma dies. Ich möcht auch ma im Lotto gewinnen."

Mache

Erklärung

In der Wendung "in der Mache sein" 'etwas wird momentan bearbeitet'.

"Dat is alles nur Mache" sagt man dagegen, wenn jemand schauspielert: "Dat ganze Geheule um ihrn Kerl wa doch bloß Mache. Die hatte schon längst en Andern."

machen

Erklärung

Als "sich machen" 'sich positiv entwickeln': "Dä Jung hat sich aber gemacht, dat hätt ich nich gedacht. Dat Kind macht sich."

"machen" bezieht sich natürlich auch auf die menschlichen Ausscheidungen: "Nu mach dir ma vor Angst nich gleich in die Hose. Ich hätt mir vor Lachen bald inne Hose gemacht. Musste AA machen? Hat der Hund schon gemacht?"

Außerdem: "Ich muss mir noch die Haare machen. (sich zurecht machen, frisieren)."

"etwas machen" 'kosten': "Wat macht dat? Dat macht 2 Euro sechzich! Wat macht dat zusammen?"

Auch in der Bedeutung von 'eine Rolle spielen'.

"Wer macht bei im Krippenspiel den Josef? Seit meine Frau widder arbeitet, mach ich notgedrungen den Hausmann. Machs du hier den Hampelmann odder wat? Der is den Dicken am machen (angeben). Der Oppa macht et nich mehr lange (nicht mehr lange leben)"

Wer "auf etwas macht" spielt zwar auch eine Rolle, will aber meist nur etwas vortäuschen: "Der Typ macht hier nur einen auf dicke Hose. Jetz mach nich auf Mutter Theresa, dat glaubt dir doch keiner. Seitdem der im Lotto gewonnen hat, macht der hier auf den großen Zampano." (siehe auch unter "Molly" und "Larry").

"selbst für machen": "Dat Tiefkühlzeuchs is so billig, da kannse dat nich selbs für machen."

mächtich

Erklärung

'üppig, satt machend, fetthaltig': "Dat is aber ganz schön mächtich, dat Essen hier. Die Torte is aber wat mächtich, oder? Butterceme is mir zu mächtich. Da hat der sich aber mächtich in die Nesseln gesetzt (sehr)."

Macke

Erklärung

'Fehler, Beschädigung': "Dat neue Auto hat schon ne Macke am Kotfügel. Wegen sonner kleinen Macke machse son Aufstand? Du hast wohl ne Macke! Sonne Macke möcht ich auch ma haben. (spinnen, verrückt sein)."

"vermackelt" 'versaut, kaputt': "Dat Buch is aber ganz schön vermackelt."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!