Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

gaapen

Erklärung

"jaapen", "jappen" 'gähnen': "Ich gaap schon die ganze Zeit, ich geh na Bett. Hör auf zu gaapen, du steckst mich an." Die mundartliche Variante ist im ganzen zentralen Rheinland zu hören, verschwindet aber so langsam aus der Umgangssprache.

Gabiko

Erklärung

"Jabiko", "Jabeko" 'ganz billiger Kornschnaps': "Wat is der Likör aber lecker. Womit hasse den denn aufgesetzt, bestimmt wat Teuret? Ach wat, dat war nur Jabiko. Lass noch mal den Jabiko rüberwachsen, ich ha et nun wirklich am Magen." In Köln ist ein "Jabebeko" ein ganz besonders billiger Schnaps.

gallern

Erklärung

Kann sowohl 'regnen', 'schimpfen' als auch 'spielen' bedeuten: "Dat is ganz schön am gallern draußen. Wolln wa ma mit nem Tacken gallern (um einen Groschen spielen; die Münzen werden dabei so nah wie möglich an eine Wand geworfen)." Das Wort ist im Ruhrgebiet und im anschließenden Münsterland gebräuchlich.

Gallone

Erklärung

'Flasche Bier': "Wieviel Gallonen hass du denn schon intus? Bring noch en paar Gallonen Bier mit!"

Gang

Erklärung

In der Wendung "im Gang sein" 'in Bearbeitung sein, geplant sein': "Ich glaub, da is irgendwat im Gang bei denen, da müssen wer aufpassen in der nächsten Zeit."

Auch "am Gang sein": "Wat da am Gang is, weis ich auch nich."

"etwas am Gang haben" ist die andere Seite der Medaille, aus der Sichtweise dessen gesprochen, bei dem etwas "im Gang" ist: "Boh, ich hab heut wieder wat am Gang, eh. (viel zu tun haben) Ich hab bei uns inner Firma midd-em Versand son kleinen Streit am Gang."

Man kann so auch über andere sprechen, vorausgesetzt, man bezieht sich auf Personen oder Gruppen: "Wat die zwei middenander am Gang ham, weiß ich nich, abba dat-a wat läuf, dat sieht doch en Blinder mim Krückstock."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!