Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Aal

Erklärung

In der Wendung "den Aal raushängen lassen" 'sich mit Vehemenz beschweren': "Wenne dat nich wieder grade biegs, dann werd ich aber den Aal raushängen lassen, darauf kannze dich verlassen."

Aap

Erklärung

'Affe', meist in der Verkleinerungsform "Äpken/Äpschen" gebraucht: "Der sieht aus wie en Äpken. Dat is aber en süßes Äpken. Der sitzt da wie en Äpken aufem Schäppken."

"mit jemandem de Aap mache" 'jemanden veräppeln'

"Aapeschnitzel" als lustige Bezeichnung für die 'Banane'.

"Aapeplaat" die im Rheinland bekannte Glatze des Boxers 'Müllers Aap'.

"Aap" kann auch das 'Toupet' bezeichnen.

"Aapewämsken" 'knapp sitzende Jacke': "Wat has du denn da fürn Aapewämsken an?"

aasen

Erklärung

"herumaasen" 'vergeuden, leichtfertig verbrauchen': "Wat bisse da mit dem Kleber am aasen, dat krisse nie mehr auseinander. Nu aas nich so mit dem Zucker rum, sonst ham wer nix mehr für den Nachtisch."

"Aas" wird häufig als Schimpfwort für einen hinterhältigen, gemeinen Menschen gebraucht: "Dat alte Aas hat uns verpfiffen. Du Aas, kannze uns nich in Ruhe lassen?"

Manchmal sind auch noch die mundartlichen Verkleinerungsformen "Öösje" und "Ösken" zu hören, sie sind nicht so böse gemeint: "Dat is aber en rafiniertes Öösje, wie die dat wieder hingekricht hat. Dat Ösken kommt schon inne Schule (kleines, aufgewecktes Kind)."

Eines der beliebtesten Schimpfwörter im Rheinland (zumindest früher einmal) ist "Schinnoos", "Schennoos" eigentlich 'Schindaas' (verrecktes Tier) für einen hintertriebenen Menschen oder Quälhans: "Die Alte is son richtiges Schinnnoos."

ab

Erklärung

Im Rheinland kann man die Präposition "ab" auch als Adjektiv verwenden. Das geht so: "Mit appe Beine kannze schlecht laufen. Mit en appen Knopp am Hemd kann ich nich zur Arbeit. Hat dein Hund en appes Bein? Wenn de mit zuen Augen nen appen Knopf annähen kanns, un dat bei runterem Rollo un aussem Licht, dann biste gut."

"Ab" kann auch Adverb sein ab sein: "Ich bin völlig ab. Der war total ab nachem Spiel (fix und fertig). Der is von allem ab (an nichts interessiert). Los, ab mit euch. Gezz abber ab nach draußen! Nach fest kommt ab! (überdrehen einer Schraube)."

Im nördlichen zentralen und ruhrnahen Rheinland heißt es auch "davon mal ab" oder "mal ab von allem Ärger" oder "ab von Vorurteilen" , wobei "ab" als Kurzform von "abgesehen" vorkommt: "Von der Bundesbahn ma ab kannsde in Wuppertal auch mitte Schwebebahn na Barmen fahn. (außer mit der Bundesbahn...) Ich liebe mein Oppa, von seine Knötterei ma ab."

"Jetzt aber ab durch die Mitte" sagt man, wenn sich jemand beeilen soll.

"Ab dafür!" ist die endgültige Verabschiedung: "So, jetz packse deine Klamotten un ab dafür!" auch: "So jetzt hast du deine Anweisungen, und ab."

abbrechen

Erklärung

'sich abmühen, hart arbeiten, erfolglos quälen': "Ich brech mir hier einen ab, und du weiß die ganze Zeit, dat dat so nich geht." Kann auch ironisch verwendet werden: "Du brichs dir keinen ab, wenne auch ma mithilfs. Brech dir ja keinen ab."

Auch als Ausdruck der Überraschung gebräuchlich: "Ich brech ab, kumma, wer da kommt. Ich brech ab, ey, dat kann doch nich wahr sein. Ich bin am Arsch afjebroche (starke Rückenschmerzen haben, Hexenschuss)."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!