Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Baas

Erklärung

Chef von irgendwas (Männergesangsverein, Karnevalsverein, Heimatverein, Kegelklub usw.): "Der is der Baas vom Angelverein."

Babbelken

Erklärung

(Plural: "Babbelkes") 'Bonbon': "Nimm dir ma en paar Babbelkes ausse Dose." Diese Sorte Bonbons lutscht man am Niederrhein und in Teilen des Ruhrgebiets.

babbeln

Erklärung

"bäbbeln", "bubbeln" 'plappern, geschwätzig sein, plaudern': "Bubbel nitt immer dozwesche."

"Babbel", "Bäbbel", "Bebbel" 'schwatzhafter Mund': "Halt ding Bäbbel. Boah, kannze dein Bäbbel nich halten?"

"Bubbelwasser" 'Alkohol': "Häsde widder Bubbelwasser jedronke?"

Back

Erklärung

'Gefängnis': "Da gehste innen Back für" sagt man am Niederrhein und im Ruhrgebiet, wenn jemand eine Straftat begeht. "Der sitzt seit gestern im Back."

Am Niederrhein ist "Back" einfach ein 'Kasten', 'Bottich' oder eine 'Schüssel, in denen etwas aufbewahrt wird': "Ene Back voll Erpel. Ich hab den ganzen Back voll Grünkohl verputzt." Die Verkleinerungsform ist "Bäcksken": "Wir brauchen en neues Seifenbäcksken für dat Klo, dat alte is kaputt."

Backe

Erklärung

In der Wendung "von der Backe putzen/kratzen" 'sich etwas abschminken/vergessen können': "Dat mit dem Urlaub kannze dir vonne Backe putzen, dat wird dies Jahr nix."

Man kann auch "etwas an der Backe haben", dann hat man viel zu tun: "Du glaubs nich, wat ich alles im Moment an der Backe hab. Jetz hab ich die Schwiegermutter auch noch an der Backe. (sich kümmern müssen um) Käa, bin ich froh, dattich dat fonne Backe hap. (eine Aufgabe los sein)"

Wenn einer eine Ohrfeige bekommen soll, dann sagt man auch "Gleich krisse wat anne Backe!"

"Jetz halt doch ma die Backe! (den Mund halten)"

In Duisburg sagt man auch "an die Backe nageln" 'etwas vergessen können, keinen Sinn haben': "Du glaubst doch wohl nicht, dass der daran denkt, das kannst Du Dir an die Backe nageln."

"einem wat anne Backe labern" 'jemandem etwas aufschwatzen': "Der kann nem Tauben en Klavier anne Backe labern."

"Au Backe" als Ausruf des Erschreckens: "Au Backe! Wie is dat nur passiert?"

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!