Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

wat an

Erklärung

Zur Bezeichnung einer unklaren oder undefinierten Menge: "Mein Nachbar von oben drübber, der hat vielleicht wat an Viehuzeuchs in seine Bude. Habter no wat da an Blutwurst aus em Angebot. Der hat vielleicht wat an Schulden!"

Watz

Erklärung

Vornehmlich kleiner Junge, aber auch Erwachsener, der bockig, uneinsichtig ist: "Du Watz, komm enlich her! Et hatt keine Zweck, de Watz mach dat net. Wat beste doch für en Watz!"

"watze" (eher vernehmlich) 'weinen': "Jungche, warum watzte dann su? Hör auf ze watze, et jo widda gut!"

Verbreitet im südlichen Rheinland.

wech

Erklärung

"weg, weck" in dem Zusammenhang "Wo hasse die Erkältung denn schon widder von wech? Wo kommt deine Freundin denn von wech? Dem sein Schwiegervater war von Rheindahlen wech."

Es geht auch: "Wo bis du denn wech? Wo bisse wech?" im Sinn von 'Wo gehst du hin?'

Oft zu hören ist auch die Wendung "Hau wech (den Scheiß)!" als Trinksspruch oder ritueller Gruß beim Kegeln.

"Ich schmeiß mich wech vor Lachen."

"Wech is wech und fott is fott" sagt man, wenn etwas unwiederbringlich weg ist.

"Der is hin un wech von der!"

Man kann auch jemanden fragen "Biste wech?", auch wenn der Gefragte noch vor einem steht; gemeint ist dann: 'Wirst du jetzt gehen? Ich bin dann mal weck!'

'in Ruhe lassen' : "Geh mich doch wech mit die Kaffeefaaten, ich hab die Nase voll von die!"

"wechschreien" 'heftig lachen': "Ich könnt mich wechschreien, wenn der seine Dönekes erzählt."

"wechhaben" 'auf, aufgegessen': "Haste die Knifte schon wech?"

"sich wechmachen" 'verschwinden': "Macht euch wech, die Schmier is unterwegs."

"weg sein" 'fort, verschwunden sein': "Wo sind die Schluffen? Die sind weg! Ich bin dann mal weg!"

"das Ende von weg sein" zur Verstärkung verwendet: "Der hat so viel Geld, da ist das Ende von wech!"

'eingeschlafen': "Gestern Abend legte ich mich auf das Sofa und war sofort wech."

"etwas wech haben" 'ein Talent von etwas haben, eine Ahnung haben von': "Der Kuchen ist mal wieder so lecker, da hast du echt was wech! Der hat da nix von wech! Von Elektrick hab ich nix von weck. Von Kundenfreundlichkeit ham die inne Artzpraxis echt nix von weck! Der Raimund repariert dich dat, der hat da wat von wech."

Schließlich kann "wech/weck" auch, wie in der Umgangssprache oft üblich, adjektivisch verwendet werden: "Wieh heißt denn eure wecke Katze? Appe Knöppe un wecke Schubängel, der Mann braucht wieder ne Frau im Haus."

"weg machen" 'verlegen, verkrosen': "Meine Frau macht manchmal wat wech."

"weg gehen" 'vom Leib bleiben' in der Wendung "geh mir weg": "Geh mir doch wech mitte Kaffeefaaten"

wechschreien

Erklärung

'sich kaputt lachen': "Ich könnt mich wechschreien, wenn der seine Dönekes erzählt." (siehe auch Stichwort "wech").

Weck

Erklärung

'Brötchen': "Un bring noch en paa frische Wecken mit." Im zentralen Rheinland ist der "Wecken" auch die Bezeichnung des Weckmanns.

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!