Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

warm

Erklärung

Im Westen des zentralen Rheinlands ist einem oder einer nicht warm, sondern man "hat warm" (siehe analog das Stichwort "kalt"): "Oh, wat hab isch warm!"

Selbstverständlich findet man im Rheinland auch alle anderen, für die Umgangssprache typischen Wendungen:

"nicht warm werden mit" 'keine Freundschaft aufbauen können': "Mit dem werd ich einfach nich warm!"

"warm anziehen" 'sich wappnen': "Der soll sich ja bloß ma warm anziehen, wenn ich den wieder treff!"

"warmer Bruder" 'schwuler Mann'

Warmduscher

Erklärung

'verweichlichter Mann': "Dir isset hier zu kalt? Was bist du denn fürn Warmduscher!"

Wartburg

Erklärung

In der Wendung "auf der Wartburg sitzen" 'auf etwas warten', besonders auf eine bevorstehende Geburt: "Bisse inzwischen Pappa? - Nee, meine Frau sitzt immer noch aufe Wartburg."

Waselömpche

Erklärung

Auch "Waselümmken" 'unförmige, verschossene Jacke/Pullover': "Was hast du denn da für en Waselömpche an?" Eine Variante der in den rheinschen Mundarten verbreiteten "Baselömpschen".

wat

Erklärung

'was, etwas': "Wat bis du denn für einen. Wat soll dat? Is wat! Für wat is dat denn? Der hat wat drauf! Wattenn, wattenn, nu mach ma halblang! Wat en Verrückten, der Keal! Gib doch ma wat von dem Katoffelsalat! Wat, drei Euos für den Scheiß?"

Auch als Ablehnung einer (Suggestiv-)Frage gebräuchlich: "Du bis doch Bayern-Fan! Wat, Bayern-Fan, ich bin Gladbacher! Wat nu?"

Als Ausdruck der Ratlosigkeit: "Getz is unser ganzet Geld weg, un wat nu?"

Ausdruck der Bedingungslosigkeit "wat mutt, dat mutt": "Wat mutt, dat mutt, da kansde nix machen."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!