Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Tacken

Erklärung

"Tack" 'einzelner Zweig, kleiner Ast', auch Weintrauben gibt's am "Tacken": "Nimm noch en paar Weintrauben mit! Kumma, hab Dir extra en paar schöne Tacken ausgesucht! Im Frühjahr werden an den Kopfweiden die Täck abgeschnitten."

In Duisburg redet man von einem "Tacken" Weintrauben, wenn diese noch zusammenhängen: "Mensch, is dat ne große Traube, nimm dir da mal en Tacken von wech."

"Tack/Tacken" ist ein altes niederdeutsches Mundartwort und im Rheinland zwischen Aachen und Kleve verbreitet. Es ist verwandt mit der hochdeutschen "Zacke", die aber eine andere Bedeutung angenommen hat, es ist nicht verwandt mit dem 'Groschen'.

tafeln

Erklärung

'Schläge, Ohrfeigen austeilen' (oft als Drohung): "Du kriegst gleich eine getafelt! Ich tafel dir gleich eine!"

Tage

Erklärung

In der Wendung "die Tage" 'vor ein paar Tagen': "Die Tage kam meine Schwiegermutter vorbei."

'bald': "Bis die Tage!"

Nach einem bestimmten Datum, z.B. nach Weihnachten: "Ja denn ma bis nach die Tage, dann sehn wer uns ja wieder."

In der Wendung "die Tage haben" 'die Periode haben': "Mir isset heute nicht so gut, ich hab meine Tage!"

Taleika

Erklärung

siehe "Kaleika".

talpen

Erklärung

'wandern, laufen, stampfen, schwerfällig gehen': "Wer is hier mit dreckije Schuhn übber mein hellen Teppich jetalpt! Der is wieder durch den dicksten Matsch getalpt. Wat ham die Römer im Norden von Köln gemacht - nach Neuß talpen, wat sons! Frage: Wat machse em Urlaub? Antwort: Übber de Alpen talpen."

"rumtalpen" 'herumlaufen': "Du solls doch nich hier im Vorgarten rumtalpen, hier is alles neu gesät."

Neuerdings auch schon "Talpie" 'jemand, der plump geht'.

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!