Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Quisione

Erklärung

(nur Plural) 'Probleme, Schwierigkeiten': "Dat Kind hat schwer Quisione mit der Lernerei."

Das aus lateinisch "quest" (Klage) abzuleitende Wort war einmal im gesamten Rheinland verbreitet, ist aber heute nur noch selten in der Umgangssprache des südlichen Rheinlands zu hören.

Quissel

Erklärung

"Quirsel" 'alte, zänkische Frau': "Die Quissel geht jedem im Haus aufe Nerven."

Im Mittelrheingebiet bezeichnet man auch eine 'bigotte Frau' als "Quissel": "Die ahl Quissel taugt überhaup nichts." Im Trierer Raum ist sie eine unruhige, nervöse Frau, die nicht über eine längeren Zeitraum ruhig dasitzen kann, sondern immer irgendetwas werkeln (wurschteln) muss (im negativen Sinne). Am Niederrhein ist ein "Quissel" (hier geschlechtsneutral) ein Mensch, der sehr wählerisch oder empfindlich beim Essen ist. Im Kölnischen ist "Quissel" auch ein Name für eine typische strenge herbe Lehrerin (die ja auch immer was zu meckern hat). An der Mosel ist die "Quissel" eine alte, verschrobene Jungfrau. In Mönchengladbach ist ein "Quirsel" ein Mensch, der überempfindlich ist und sich anstellt für Dinge, die eigentlich nur eine Kleinigkeit sind.

"quirselig" 'empfindlich, pingelig': "Jetz stell dich net so quirselig an!"

Die "Quissel" ist in den Mundarten des zentralen und südlichen Rheinlands zu Hause und auch noch in der hiesigen Umgangssprache zu finden.

quitschnass

Erklärung

"quitschenass" 'völlig nass': "Dat war nur en kurzer Regenguss, aber wir sind quitschenass." (zu "klätschnass/klitschnass"?).

quitt

Erklärung

In der Wendung "etwas quitt sein" 'los werden, verlieren': "Bisse dein altes Auto endlich quitt? Jetz bin ich mein ganzes Geld quitt, mir ham se dat Portmonnaie geklaut. Na, bisse deinen Plunder aum Flohmaakt nich quitt gewordn?"

Eine Variante ist "quitt haben" 'aufgeben, loswerden': "Bisse sicher, dat de deine Jaraasch mit allem drin quitt haben wills? Die wollt dat Haus quitt haben, un isch habbet jekauft."

Auch die allgemeine Bedeutung ist gebräuchlich: "Wir sinn quitt!" (nichts mehr aufzurechnen haben).

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!