Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Nase

Erklärung

in der Wendung "der Nase nach" 'Willen, Gusto, Geschmack': "Immer muss et dir nach der Nase gehn, ich will abber auch ma wat zu sagen haben. Wenn et nich nach dem seiner Nase geht, dass kannze sicher sein, dat euer Ausfluch gelaufen is. Bei denen geht es immer nach der Omma ihrer Nase."

"sich an die eigene Nase packen/kriegen" 'Selbstkritik üben': "Dat dat nich geklappt hat, da soll sich der Vorstand an de eigene Nase packen, sarrich nur. Der is nur am meckern, aber meinsde, der kricht sich ma an de eigene Nase?"

Die Wendung "man kann sich auch den Finger in der Nase brechen" meint es so viel wie 'Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht'.

naselang

Erklärung

In der Wendung "alle naselang" 'sehr häufig, oft': "An der Haltestelle brauchst du nicht zu warten, der Bus kommt alle naselang."

Nasenbleiche

Erklärung

So wird eine Entzugsklinik in Essen genannt.

Nasewasser

Erklärung

"Nasenwasser" in der Wendung "etwas mit Nasewasser tun" 'etwas minderwertig ausführen' (meist beim Nähen): "Die Naht is mit Nasewasser jenäht, die jeht direkt wider auf."

nass

Erklärung

im Sinne von 'bestechlich, schmarotzerhaft': "Der is schwer nass, ne richtige Lauschepper."

"jemanden nass machen" 'jemanden hereinlegen, besiegen': "Die ham euch gestern aber ganz schön nass gemacht aufem Platz."

"nasser Bruder" 'Geizhals, jemand, der auf Kosten anderer lebt' (wohl eine witzige Verballhornung von Nassauer).

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!