Au Banan, wat is in Aachen los?
Zwar schwinden in Deutschland die Dialekte, doch sie hinterlassen Spuren in der Alltagssprache. Daher sprechen Menschen aus verschiedenen Regionen auch dann noch unterschiedlich, wenn sie sich eigentlich am Standarddeutschen orientieren. Das nennt man "Regiolekte". Einige Merkmale sowohl von Dialekten als auch Regiolekten sind großflächig verbreitet, andere kennt man nur in eher kleinräumigen Gebieten. In die Umgangssprache der Stadt und Städteregion Aachen hat das kleine Dialektwort „Aue“ es geschafft. Werfen wir einen Blick darauf!
Au oder Aue hat – zum Glück – nichts mit Schmerzen zu tun wie die Ausrufe au oder aua. Dem Rheinischen Wörterbuch ist zu entnehmen, dass au auch ein Ausdruck der Verwunderung sein kann. Im Dialekt von Aachen ist diese Interjektion allerdings identisch mit dem Wort für ‚alt‘ bzw. ‚Alte, Alter‘. Das ist auf einen interessanten Lautwandelprozess zurückzuführen.
alt hat sich aus dem westgermanischen *alda- entwickelt (ahd. alt, mhd. alt, altsächsisch ald). Dieses wiederum geht zurück auf germanisch *al-a- ‚wachsen, nähren‘, aus indogermanisch *h2el- ‚nähren, aufziehen‘. Ursprünglich war die Bedeutung also in etwa ‚gewachsen, erwachsen‘. Eine ganz ähnliche Entwicklung hat *h2el- in der lateinischen Sprache gemacht: alere bedeutet ‚nähren‘, adultus ‚erwachsen‘.
Während sich alt in den meisten deutschen Varietäten seit althochdeutscher Zeit nicht verändert hat, sind viele südniederfränkische Dialekte einen anderen Weg gegangen, ebenso die meisten niederländischen Varietäten. Zwar gehört der Aachener Dialekt in die ripuarische Dialektgruppe, aber durch seine geographische Nähe zu den Niederlanden und dem Südniederfränkischen war er in die Entwicklung involviert.
In frühmittelniederländischer Zeit (ca. 1200-1350) wurden die altniederländischen Lautfolgen al und ol vor t und d zu au. alt hieß demnach nun out (belegt 1236, die Zeichenfolge ou wurde damals wie heute wie au gesprochen). Dieser Lautwandel fand auch im Südniederfränkischen und im Aachener Dialekt statt. In einigen Dialekten – etwa in Aachen – fällt der Konsonant am Wortende weg, sodass das Wort zu au verkürzt ist. Das e in Aue entspricht dem e in Alte.