Heintges

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Familiennamen wie wir sie heute kennen, gibt es wohl erst seit dem 16. Jahrhundert. Zuvor trugen die Menschen zwar auch Namen zur Benennung, aber mit dem Bevölkerungswachstum und dem Zuzug in die Städte ab dem 12. Jahrhundert wurde es vermehrt schwierig, Menschen mit nur einem Namen individuell zu benennen. Zu dieser Zeit kamen die sogenannten Beinamen, die noch nicht erblich waren, aber als Vorläufer unserer heutigen Familiennamen dienen, auf. So konnte eine Person nach ihrem Beruf benannt werden, eine andere wiederum nach ihrem Herkunfts- oder Wohnort. Die mit am meisten verwendete Benennungsart war allerdings die Benennung nach dem Rufnamen des Vaters (seltener auch der Mutter), der Abstammung anzeigte.

Der Familienname Heintges etwa ist ein Beispiel für diese Namengruppe. Träger:innen dieses Namens sind häufig im Rheinland anzutreffen und leben vor allem im Kreis Viersen, in Mönchengladbach, im Kreis Euskirchen sowie im Rhein-Sieg Kreis (siehe geogen). Gliedert man Heintges hinsichtlich Grammatik und Wortbildung auf, dann erhält man folgendes Muster Hein + t + gesHein stammt, mit Wegfall des finalen e, von der Rufnamenkurzform Heine. Dies ist eine Rufnamenkurzform mit dem althochdeutschen wie altsächsischen Namenglied haghagan ‚Einhegung, umfriedeter Ort‘ und kann von Vollformen wie Heinold stammen. Zumeist handelt es sich aber um eine Kurzform des Rufnamens Heinrich, die nicht nur im Rheinland sehr gängig ist (RhWB, Band 3, Sp. 458 f.). Zudem kann Heine hier auch als Namenglied von althochdeutsch heim, altsächsisch hēm ‚Heim, Haus‘ verstanden werden.

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Die Rufnamenkurzform Hein geht auf ein althochdeutsches Namenglied mit der Bedeutung ‚Einhegung‘ zurück | © böhringer friedrich, CC BY-SA 2.5
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Die Rufnamenkurzform Hein geht auf ein althochdeutsches Namenglied mit der Bedeutung ‚Einhegung‘ zurück | © böhringer friedrich, CC BY-SA 2.5

Trug ein Mann den Namen Hein, so konnten seine Nachfahren mit Familiennamen Heintges heißen. Der Bestandteil -ge dient dabei als Verkleinerungsform des Namens, drückt also entweder Zuneigung aus oder bezeichnet den jüngeren von zwei Menschen gleichen Namens. Seinen Ursprung hat diese Form im altsäschischen -kīn, das uns als -chen (etwa in Täfelchen oder Bettchen) bekannt ist. Das k der Ursprungsform wurde im Westmitteldeutschen und am Niederrhein vor allem in der Position nach d oder t häufig zu g. Bei Heintges wäre dann das n dieser Endung entfallen, angehängt worden ist eine alte Genitivendung (wie bei des Lebens oder des Regens), die Abstammung anzeigt und von Konstruktionen wie Jan Heintges Sohn stammt. Mit der Zeit ist der Zusatz Sohn entfallen, die Endung ist jedoch erhalten geblieben und zeigt auch heute noch an, dass die Träger:innen des Namens einen Vorfahren hatten, der Hein hieß.

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Verkleinerungsformen gibt es in vielen Varianten, wie etwa auch beim Bettchen | © Alexander Leisser, CC BY-SA 4.0
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Verkleinerungsformen gibt es in vielen Varianten, wie etwa auch beim Bettchen | © Alexander Leisser, CC BY-SA 4.0

Bei der obigen Erläuterung haben wir einen der Bestandteile des Musters (Hein + t + ge + s) übersprungen – nach der Rufnamenkurzform Hein ist ein Laut eingefügt, der sich nicht über die Bedeutung des Namens erklärt, denn er dient einem ganz anderen Zweck, er erleichtert die Aussprache dessen. Versucht man einmal den Namen ohne den zusätzlichen Laut auszusprechen, stößt man schnell an seine Grenzen und fügt quasi automatisch ein t zwischen der Stammsilbe Hein(e)- und der Endung -ges ein. Beim Familiennamen Frömbgen finden wir ein weiteres Beispiel dieses Lautphänomens.