'was' als Pronomen und Adverb

'was' als Pronomen und Adverb

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Das kleine Wort was kann je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben. Zuerst ist es natürlich ein Interrogativpronomen („Was ist das?“), aber auch als Relativpronomen findet es Verwendung („Ich sehe was, was du nicht siehst“). Ferner kann es eine Nachfrage ausdrücken („Schon komisch, was?“). Umgangssprachlich ist was die Abkürzung von etwas („Ich habe noch etwas zu erledigen“). Im Rheinland geht man aber einen Schritt – oder sollten wir sagen: was – weiter.

Eine Erhebung für den Atlas der deutschen Alltagssprache zeigt, dass was fast nur im Rheinland als Grad- und Mengenangabe vor Adjektiven und unzählbaren Substantiven verwendet wird („Ich find‘ es was kalt.“, „Ist noch was Saft da?“). Bei zählbaren Gegenständen funktioniert dies jedoch nicht, anders als im Niederländischen. Bei den westlichen Nachbarn des Rheinlandes ist wat die standardsprachliche Entsprechung von ein bisschen und ein paar. Ik ga wat koek kopen würde man in die rheinische Umgangssprache mit ‚Ich gehe was Kuchen kaufen‘ übersetzen. Das bedeutet dann, dass eine bisher unbestimmte Anzahl an Kuchenstücken in der Einkaufstasche landet. Ik ga wat broodjes kopen, wörtlich ‚Ich gehe was Brötchen kaufen‘, wäre in den Dialekt direkt zu übertragen, aber nicht in den Regiolekt.

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"Es ist aber auch was usselig. Puh!" beklagt sich jemand auf Twitter
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"Es ist aber auch was usselig. Puh!" beklagt sich jemand auf Twitter

Man kann im Rheinland auch „was rausgehen“. Das bedeutet, dass man, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, das Haus für eine kurze, aber unbestimmte Zeit verlässt. Auch „was spazieren“ ist möglich. Allerdings macht das wenig Spaß, wenn es „was usselig“ ist.
 
Den Menschen im Rheinland dürfte diese Besonderheit kaum auffallen, es sei denn, sie werden von Deutschsprecher:innen aus anderen Regionen darauf angesprochen. Eindeutiger ist es, wenn sie statt Regiolekt einen Dialekt sprechen. Auch hier fallen „etwas“ und „ein bisschen“ in einem Wort semantisch zusammen, das sich aber lautlich von was unterscheidet: jet. jet und seine Varianten sind in den Dialekten des gesamten Rheinlandes verbreitet. Das Rheinische Wörterbuch verzeichnet unter anderem Da krit der ene jet on der ander nüs (Ripuarisch für ‚Da kriegt der eine etwas und der andere nichts‘) und De hät ken Jettche jet gedoəhn (Krefelder Platt für ‚der hat kein bisschen getan‘). Die Dialekte des Rheinlandes haben in Bezug auf jet auch eine Gemeinsamkeit mit dem Niederländischen: jet kann im Gegensatz zum umgangssprachlichen was auch mit zählbaren Substantiven gebraucht werden: en dem Dorp sen jet Kenger (Ripuarisch für ‚in dem Dorf sind einige Kinder‘).

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"jet Zick zum Schwade" - 'was Zeit zum Quatschen' gibt's in diesem Bonner Kiosk. | © Verena Krautwald, LVR-ILR, CC BY 4.0
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"jet Zick zum Schwade" - 'was Zeit zum Quatschen' gibt's in diesem Bonner Kiosk. | © Verena Krautwald, LVR-ILR, CC BY 4.0