Geheimsprachen im Rheinland
Was ist überhaupt Rotwelsch?
Nachweislich seit dem 13. Jahrhundert benutzten im deutschen Sprachraum gesellschaftliche Außenseiter einen ganz bestimmten Wortschatz - man könnte auch "Slang" sagen –, der sowohl zur Geheimhaltung, zur Abgrenzung als auch als Erkennungsmerkmal diente. Der unkonventionellen und unsteten Lebensweise seiner Sprecher:innen entsprechend ist dieser Wortschatz über die Jahrhunderte immer weiter angewachsen (man hat in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts über 6000 rotwelsche Wörter dokumentiert) und durch die unterschiedlichsten Elemente bereichert worden. So lassen sich Dialektwörter aus allen deutschen Landschaften finden (schwoofen aus dem Berlinischen, kneisen 'erkennen' aus dem Bairischen, verschütt gehen aus dem Niederdeutschen, Bulles 'Gefängnis' aus dem Pfälzischen), Fremdwörter, dazu sehr viele Jiddismen (Mokem 'Stadt', Kailof 'Hund', Kluft 'Anzug', Schmiere stehen), originelle Umdeutungen (Blech 'Geld', klinkenputzen 'hausieren', Kohldampf 'Hunger', pumpen 'borgen'), Ableitungen (Trittling 'Schuh', Krähling 'Hahn', Flossert 'Wasser') und phantasievolle Eigenschöpfungen (Knochenmühle 'Arbeitshaus', Drückeberger 'Dieb', Sackroller 'Taschendieb'). Viele rotwelsche Wörter sind mit der Zeit umgangssprachlich geworden. Der individuelle geheimsprachliche Wortschatz umfasste selten mehr als drei- bis vierhundert Wörter, die allerdings reichten völlig aus, ein Gespräch für Außenstehende unverständlich zu machen.
Was sind "künstliche" Geheimsprachen?
Im strengen Sinne versteht man unter Geheimsprachen eigentlich nur "künstlich geschaffene Sprachsysteme", die man in vereinfachter Form auch als Schülersprachen kennt. Bei diesen Kunstsprachen werden beim Sprechen Silben verdoppelt, vertauscht, angehängt oder Wörter rückwärts gesprochen. Rheinische Beispiele etwas sind die Frickhöfer Krämersprache im Westerwald oder das Lepper Talp der Backofenbauer aus Bell in der Eifel.