"auf den letzten Stipp kommen"

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Die Sprachkarte zeigt die Bekanntheit und Verbreitung der Redewendung auf den letzten Stipp kommen in den Landkreisen und Städten des Rheinlandes und des Ruhrgebietes. Als Bedeutung ist im ganzen Untersuchungsgebiet 'gerade noch rechtzeitig ankommen' verbreitet: Der Zuch fährt doch in einer Minute an, wieso kommst du bloß immer auf den letzen Stipp? (RhMWb) oder Auf den letzten Stipp kamen sie schließlich angerannt (Kölner Stadtanzeiger).

Allgemein lässt sich zur Bekanntheit der Wendung feststellen, dass sie deutlich weniger Menschen an Rhein und Ruhr geläufig ist, als etwa den Molli machen oder einen Ratsch am Kappes haben: In einer Online-Umfrage des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte gaben nur etwa die Hälfte der Teilnehmenden an, auf den letzten Stipp kommen schon einmal gehört zu haben. Wie die Karte nun zeigt, leben die meisten Sprecherinnen und Sprecher, die den Spruch kennen und zum Teil auch selbst verwenden im zentralen Rheinland und am südlichen Niederrhein. Vor allem im südniederfränkischen Sprachraum zwischen Benrather und Uerdinger Linie sowie im Bergischen Land wird die Redewendung in der Alltagssprache gebraucht. Weiter nördlich nimmt die aktive Verwendung sprunghaft ab und insbesondere im Ruhrgebiet haben viele Menschen die Wendung noch nie gehört.

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"auf den letzten Stipp kommen" | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
"auf den letzten Stipp kommen" | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Betrachtet man das Alter der Fragebogenbearbeiter:innen genauer, zeigt sich auch hier ein Unterschied (der für alle Regionen gilt): Umso älter der oder die Antwortende ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auf den letzten Stipp kommen gekannt und verwendet wird. Bei den jüngsten Teilnehmer:innen, die zwischen 1988 und 2009 geboren wurden, ist die Wendung also am unbekanntesten, vor allem, wenn sie aus dem Ruhrgebiet stammen.

Die Herkunft von auf den letzten Stipp kommen ist (noch) nicht eindeutig geklärt, vermutlich ist die Wendung aber mit der hochdeutschen Stippvisite ('kurzer Besuch') verwandt – beide beziehen sich auf einen bestimmten Zeitpunkt und gehen zurück auf das mittelniederdeutsche, mittelniederländische und frühneuhochdeutsche Verb stippen 'in etw. stoßen, einen Punkt machen, nähen', zu dem auch das Substantiv stipp 'Punkt, Tupf' gehört. Im Niederdeutschen hat sich hieraus auch die Bedeutung 'kurzer Zeitpunkt' entwickelt, die in den rheinischen Dialekten ebenfalls für Stipp vorkommt (RhWb, Bd. 8, Sp. 708).

Die Befragten gaben in unserer Online-Erhebung viele weitere Redewendungen mit der Bedeutung 'gerade noch rechtzeitig kommen' an. Besonders häufig wurde auf den letzten Drücker kommen genannt, manchmal auch in der dialektaleren Form op de letzte Drücker komme oder op de letzten Deu komme.