"der Lorenz knallt"

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Die Sprachkarte zeigt die Verbreitung der Bekanntheit und der Verwendung der Redewendung der Lorenz knallt (Bedeutung 'die Sonne scheint sehr stark') in der Alltagssprache der Landkreise und Städte des Rheinlandes und im Ruhrgebiet: Der Lorenz knallt heute wieder, nich zum aushalten!

Redewendungen, also feststehende Sprüche, die in der Alltagssprache immer wieder in gleicher bzw. sehr ähnlicher Form begegnen, geben uns häufig Rätsel auf: In aller Regel kann man die Bedeutung nämlich nicht aus den einzelnen Bestandteilen der Wendung heraus erklären, man muss sie – wie eine Vokabel – lernen. So geht ist es auch bei der Lorenz knallt: Wer ist dieser Lorenz und warum knallt er? 

In einer Online-Umfrage des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte gaben 2019 zahlreiche Menschen an Rhein und Ruhr Auskunft darüber, ob sie die Redewendung "kennen und verwenden", "kennen, aber nicht verwenden" oder "nicht kennen".

Wie die daraus entstandene Sprachkarte nun zeigt, knallt der Lorenz nicht im ganzen Untersuchungsgebiet gleich stark: Im südlichen Rheinland, rings um Aachen, Bonn und Köln, wird die Wendung sehr selten verwendet und vielen Sprecher:innen dieser Region ist sie gänzlich unbekannt. Das ändert sich weiter nördlich: Am Niederrhein und insbesondere im Ruhrgebiet ist die Redewendung wesentlich bekannter und wird auch in der Alltagssprache verwendet.

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"der Lorenz knallt" | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
"der Lorenz knallt" | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Betrachtet man das Alter derjenigen, die die Wendung kennen und verwenden, zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den Befragten: Am bekanntesten ist der Lorenz bei den Teilnehmenden, die zwischen 1946 und 1965 geboren wurden. Die Sprecher:innen, die jünger oder älter sind, kennen (und verwenden) die Redewendung weniger häufiger. Und vor allem die Befragten, die nach 1965 geboren wurden, verwenden den Spruch selbst in ihrer Alltagssprache eher selten.

Doch was bedeutet dieser eigentümliche Ausspruch nun und woher kommt er? Mit Lorenz ist die Sonne gemeint und knallen bedeutet hier 'stark scheinen' (kennt man aus der Alltagssprache auch in der Kombination mit Sonne, alternativ kann sie auch brennen). Die Gleichsetzung des Vornamens Lorenz mit dem hellen Himmelskörper geht auf den Heilige Laurentius zurück. Dessen Gedenktag wird am 10. August gefeiert– zu einem meist sehr sonnigen Zeitpunkt also. Deshalb hat der Name auch Eingang in viele dialektale Wetter- und Bauernregeln gefunden, wie das Rheinische Wörterbuch zeigt (Bd. 5, Sp. 212): Wann der Lorenz hät ken Sonn, göfft et schleite ('schlechten') Win ('Wein') en de Tonn Mönchengladbach, Wej Knolle ('Rüben') well ete, dörf Lorenz niet vergete ('vergessen') Ruhr, St. Lorenz darf ken Stoppele miehr siehn Nettetal-Leuth. In Dialektsprüchen dieser Art kommt der Lorenz übrigens auch weiter südlich vor, im zentralen Rheinland (Lorenz mät de Flege, Barthelemies fänd se, Mechel fängk se, Märten hängk se Euskirchen-Billig) und auch in Rheinland-Pfalz (Lorenz brengt en Säng oder en Sprenz Trier, Westeifel). Hier ist aber immer der Heiligenname gemeint, die Gleichsetzung mit "Sonne" kommt ursprünglich nur in westfälischen Mundarten vor und eben heute in der Alltagssprache am Niederrhein, im Ruhrgebiet bis ins Bergische und auch im Münsterland.