Gerhard

Text

En Hüsken met Kender, en Höffken met Render, en Ställeken met Perd, de Mann hitt Görd, die Frau hitt Drüttschen, backt en Eierstüttschen. ‚Ein Häuschen mit Kindern, ein Höfchen mit Rindern, ein Ställchen mit Pferd, der Mann heißt Gerd, die Frau heißt Gertrud, backt ein Eierstütchen (= Backwerk).‘ Diese Zeile eines alten mundartlichen Kinderliedes aus Moers ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen finden wir hier einen seltenen Beleg für ein Gebäckstück, das sonst kaum belegt ist (Eierstüttschen, siehe RhWB, Band 2, Sp. 43), zum anderen werden zwei Rufnamenformen im Dialekt genannt: Drüttschen ist eine Koseform für Gertrud, Görd ‚Gerd‘ eine Kurzform des Rufnamens Gerhard (teilweise auch Gerhart oder Gerhardt). Dieser wurde Anfang des 20. Jahrhunderts häufig vergeben, ab etwa 1950 dann aber deutlich seltener. Seinen Ursprung hat der Name bereits im Althochdeutschen, er geht zurück auf die beiden Bestandteile althochdeutsch sowie altsächsisch gēr ‚Speer‘ und althochdeutsch harti, herti oder altsächsisch hard ‚hart, fest, stark‘, bedeutete also in etwa ‚stark am Speer‘.

Aufgrund der großen Beliebtheit des Namens haben sich bereits früh viele Kurzformen verbreitet, die teilweise auch in den Dialekten des Rheinlandes zu finden sind (RhWB, Band 2, Sp. 1197 f.). Im ripuarischen Sprachgebiet sind etwa zusammengezogene Formen wie Jiret, Jeret, Jraates, Jreetes oder Jraades gängig; sie weisen zudem die für diese Gegend typische Aussprache des g als j auf. Für Aachen ist dann im Rheinischen Wörterbuch eine Form zu finden, die noch weiter verkürzt erscheint (Jraat), während am Selfkant Varianten wie Cher(ke) im Dialekt zu hören sind. Mundartliche Varianten von Gerhard sind zudem in zahlreichen Wendungen belegt, die Menschen oft hinsichtlich ihrer Statur oder Haltung beschreiben: de lange Gerrent ‚hagerer Mensche‘ (Düren-Frenz), ene dumme Gert ‚Dummkopf‘ (Rees), enen hölteren Grades ‚steifer Mensch‘ (Kleve) oder ene gecke Grades ‚eingebildeter Mensch‘ (Schleiden-Hellenthal) sind nur einige Beispiele dafür.

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Auch viele Herrscher trugen den Namen Gerhard, hier Herzog Gerhard II von Berg | © Miniatur aus dem Heroldsbuch des Hubertusordens von 1480, gemeinfrei
Bildunterschrift
Auch viele Herrscher trugen den Namen Gerhard, hier Herzog Gerhard II von Berg | © Miniatur aus dem Heroldsbuch des Hubertusordens von 1480, gemeinfrei

Da viele Menschen den Namen Gerhard bereits früh trugen, konnte er auch als Grundlage von Familiennamen im Rheinland gelten; oftmals sind diese entweder zusammengezogen, sodass Varianten wie Gieraths entstanden oder aber sie weisen nur den ersten Bestandteil des Rufnamens im Familiennamen auf wie etwa bei Gerritzen.