Zusammengezogene Wörter
"Lommer jonn." - Mit diesen Worten beginnt das Buch "Das verborgene Wort", erster Band eines Romanzyklus von Ulla Hahn. Ausgesprochen werden sie vom Großvater der Protagonistin Hilla Palm, bei einem gemeinsamen Ausflug an den Rhein in ihrem (fiktiven) Wohnort Dondorf, zwischen Köln und Düsseldorf gelegen. 'Lasst uns gehen' bedeutet der ripuarische Satz.
Vergleicht man Original und Übersetzung fällt die unterschiedliche Wortanzahl ins Auge - zwei auf Platt, drei auf Hochdeutsch. Damit wird ein ganz typischer Unterschied zwischen dem Schriftdeutschen auf der einen Seite und der gesprochenen Umgangssprache sowie den Dialekten auf der anderen Seite deutlich: Wenn wir schreiben, grenzen wir jedes einzelne Wort durch einen kleinen Leerraum von seinem Vorgänger und seinem Nachfolger ab, jedes Wort steht für sich. Wenn wir sprechen, verschwimmen diese Grenzen: "Lass uns aufs Oktoberfest gehen!", "Wird’s bald?" oder "Haste schon eingekauft?" sind in Alltagsunterhaltung in ganz Deutschland wohl häufiger zu hören, als ihre schriftsprachlichen Pendants auf das, wird es und hast du (Kohler 1995, S. 211-220). Und in einigen Fällen sind Verschmelzungen dieser Art so üblich geworden, dass wir sie auch schreiben (dürfen): im 'in dem', zur 'zu der' oder ins 'in das' (Duden 2005, S. 622-625, S. 1209). Der Auslöser für Formen wie diese ist Bequemlichkeit - sowohl beim Sprechen als auch beim Schreiben verringern wir gerne den Aufwand, so lange unsere Aussage dennoch verständlich bleibt.