Örtliche Präpositionen im Dialekt

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"Kann ich Kölsch lernen?" - Diese Frage wird (natürlich auch in Bezug auf andere Dialekte) in Ratgeber-Foren wie gutefrage.net erstaunlich häufig gestellt. Über die Güte der Antworten soll hier nicht diskutiert werden, Fakt ist aber, dass ein Bedarf an Dialekt-Sprachkursen besteht, seitdem immer weniger Menschen einen Dialekt als Muttersprache erlernen.

Dementsprechend gibt es inzwischen ein recht breites Angebot, das von Youtube-Videos über Zeitungskolumnen bis hin zu 'echten' Sprachkursen in Schul-AGs, an Volkshochschulen oder in speziellen Instituten wie der Akademie för uns kölsche Sproch reicht. Im Vergleich zum Erlernen einer Fremdsprache mag einem das Aneignen eines Dialekts leicht erscheinen, besteht doch häufig eine mehr oder weniger große Ähnlichkeit zum Hochdeutschen. Aber gerade dieser Verwandtschaft kann Tücken mit sich bringen - in Gestalt von so genannten 'Falschen Freunden'. Damit sind Wortpaare gemeint, die ähnlich klingen, aber unterschiedliches bezeichnen. So meint beispielsweise gift im Englischen nichts Negatives, im Gegenteil: Es bedeutet 'Geschenk'.

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Et Hus bei dr Böisch | © Heiko S., CC BY-NC 2.0
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Et Hus bei dr Böisch | © Heiko S., CC BY-NC 2.0

Solche falschen Freunde gibt es nun auch zwischen den rheinischen Dialekten und dem Hochdeutschen - wenn diese in den meisten Fällen auch harmloser sind, als die Verwechslung von gift 'Geschenk' und Gift 'gefährliche Substanz'. Eine Wortart, die für Vertauschungen besonders anfällig ist, sind die Präpositionen. Zwar gibt es Wörter, die sich lediglich lautlich unterscheiden wie aus - us/ut, von - van oder mit - met/möt, es gibt aber auch Fälle, in denen in der Mundart eine andere Präposition verwendet werden muss als im Hochdeutschen. So hat beispielsweise das ripuarische bei (das in einigen Regionen auch als bey oder bii ausgesprochen wird) einen wesentlich größeren Wirkungskreis als das hochdeutsche bei, denn es übernimmt in bestimmten Kontexten auch die Funktion von an, nach und zu:

Isch wone bei dr Böisch. (Klein et al. 1978, S. 110)
'Ich wohne an dem Wald.'

Ech moss emol bei de Perd sehn. (RhWb 1928, Band 1, Sp. 577)
'Ich muss einmal nach den Pferden sehen'.

Met viel lieterem Häeze jengke mie wede no Heem bei os Mam. (RP 1989, S. 162)
'Mit viel leichterem Herzen gingen wir wieder nach Hause zu unserer Mutter.'

Auch das rheinische nach hat vielfältigere Bedeutungen als die hochdeutsche Variante:

Me zwai jingen dursch die still Stroose no de Kirech. (RP 1989, S. 357-358)
'Wir zwei gingen durch die stillte Straße zur Kirche.'

Ich gonn nohm Marie. (Herrwegen 2017, S. 217)
'Ich gehe zu Marie.'

De Mooder wol os no Hus brenge, wei Blage kosen nie so lang op de Hochtit blieve, wei musen fruch no Bett. (RP 1989, S. 117)
'Die Mutter wollte uns nach Hause bringen, wir Kinder konnten nicht so lange auf der Hochzeit bleiben, wir mussten früh ins Bett.'

Die häufige Verschmelzung von Präposition und nachfolgendem Artikel (nohm, fürm etc.) wird übrigens hier vorgestellt.