Slousendyck (Kerken/Wachtendonk)

Text

Den Straßennamen Slousendyck gibt es in ganz Deutschland nur einmal: am Niederrhein, wo der Weg von Kerken-Nieukerk in Richtung Wachtendonk führt. Und trotz seiner Einzigartigkeit kann man ihn als typisch für die Region zwischen Düsseldorf und Kleve bezeichnen - denn die Endung -dyck kommt hier in vielen Straßennamen vor (z. B. Am Dyck, Duisburg; Am Eulendyck, Moers; Bahndyck, Kleve; Grenzdyck, Xanten).

Erscheint das Wort zwar auf den ersten Blick undurchsichtig, so lässt sich schnell Licht ins Dunkle bringen, wenn man es durch die "sprachgeschichtliche Zeitmaschine" schickt. Denn dann wird niederdeutsches ck zu hochdeutschem ch (2. Lautverschiebung, wie auch im Englischen to make - Hochdeutsch machen) und y (sprich i) zu ei (frühneuhochdeutsche Diphthongierung wie im Englischen my/mine - Hochdeutsch mein). Wieder zusammengesetzt ergibt sich das Wort Deich. Ein Dyck bezeichnet also in den Dialekten des Niederrheins einen aufgeschütteten Damm, der die Niederungen vor Hochwasser schützen soll (RhWB Bd. 1, Sp. 1306).

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Der Slousendyck auf der Tranchot-Karte 1801-1828 | © TIM-online NRW
Bildunterschrift
Der Slousendyck auf der Tranchot-Karte 1801-1828 | © TIM-online NRW

Auch das Bestimmungswort Slousen ist als eindeutig Dialektwort des Niederrheins zu erkennen (RhWB Bd. 7, S. 1322). Denn hier ist, wie auch in anderen Teilen des niederdeutschen Sprachgebiets, die Lautkombination Sl nicht wie im Hochdeutschen zu Schl geworden (niederdeutsch slopen - hochdeutsch schlafen). Dem Vokal ou (gesprochen als langes u) entspricht im Hochdeutschen der Diphthong eu. So ergibt sich als Bestimmungswort Schleuse: Der gesamte Straßenname bedeutet also etwa 'Deich an der Schleuse'.

Der Straßenname Slousendyck leitet sich von dem Namen des Herrensitzes Slousen ab. Der "Vater der niederrheinischen Heimatkunde" Michael Buyx formuliert in einem Text aus dem 18. Jahrhundert, dass das Gut eventuell den Namen erhalten hat, "weil dem Besitzer die Verpflichtung oblag, eine am Landwehrbach befindliche Schleuse zu beaufsichtigen" (Büsch/Dicks 2014, S. 37). Ob diese Annahme zutrifft, kann aus heutiger Perspektive allerdings nicht mehr eindeutig geklärt werden.

Auf ein hohes Alter der Straße weist ihr alter Name hin: Heerstraedt (1675). Dieser lässt vermuten, dass es sich um eine alte, militärisch genutzte Straße handelt, die bereits in der Römerzeit benutzt wurde. Der aktuelle Name ist zuerst im Jahr 1802 dokumentiert: Slousen Dieck.
 
Umfangreiche Informationen zu weiteren Straßennamen aus Nieukerk und Umgebung bietet das Buch "Straßen erzählen ihre Geschichte(n)".