Auf den Sauren Wiesen (Bonn)

Text

In weiten Teilen Deutschlands – auch im Rheinland – gibt es Orts-, Flur- und Straßennamen mit dem Bestandteil sauer. Dieses Wort verwenden wir heutzutage, um zum Beispiel den Geschmack von Zitronen zu beschreiben, oder um eine etwas abgeschwächte Version des Adjektivs wütend zu bezeichnen

Das sind jedoch nicht die einzigen Bedeutungen, die sauer in seiner Sprachgeschichte haben kann. Gehen wir einige Schritte zurück: germ *sūra- ‚sauer‘ hat sich unter anderem zu ahd./mhd./mndd. sūr entwickelt, außerdem zu anord. súrr und ae. sūr. All diese Formen ähneln nicht nur einander, sondern auch dem nhd. sauer (mit frühneuhochdeutscher Diphthongierung). Belege wie ahd. sūrougi, ae. sūrīge und anord. súreygr, alle ‚triefäugig‘, legen nahe, dass es zusätzlich eine ältere Bedeutung ‚feucht‘ gegeben haben muss. Das passt besser zu vielen Flurnamen, die das Element sauer beinhalten. Während es sich bei Gewässern in einigen Fällen durchaus auf den Geschmack, ausgelöst durch bestimmte Mineralien, beziehen kann, erschließt sich eine sauer schmeckende Wiese doch nicht so leicht wie eine feuchte, sumpfige.

Dafür sprechen ebenfalls historische Belege wie Suyrebend aus Aachen von 1437. Unter Bende(n), Band, Bönd und so weiter versteht man eine meist abgelegene, baumlose Heuwiese. Nicht nur in Bonn gibt es eine Straße, die den Flurnamen Saure Wiese in sich trägt. Auch Saure Au in Windeck und die Unterste Sauwiese in Köln deuten darauf hin, dass sich dort einmal Feuchtwiesen befunden haben müssen.

Bild
Straßenschild „Auf den sauren Wiesen“ | © Verena Krautwald, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
Bildunterschrift
Straßenschild „Auf den sauren Wiesen“ | © Verena Krautwald, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte