Ortsnamen auf -ich
Vielleicht ist Ihnen das auch schon einmal passiert: Sie hören einen neuen Ortsnamen und haben direkt eine Idee, wo in Deutschland dieser Ort zu finden ist ("Bannewitz? Das ist bestimmt in Ostdeutschland!"). Ausschlaggebend für eine solche Einordnung ist in der Regel die Endung (das Suffix) des Ortsnamens.
Diese Erfahrung hat auch der Designer Moritz Stefaner gemacht und sie brachte ihn auf eine Idee: Auf Deutschlandkarten hat er visualisiert, welche Ortsnamenendungen wo vorkommen (http://truth-and-beauty.net/experiments/ach-ingen-zell/). Die Karten zeigen in vielen Fällen sehr deutliche regionale Unterschiede: So kommt das Suffix -horn beispielsweise fast ausschließlich im äußersten Nordwesten vor, -ow im Nordosten und -bühl in Baden-Württemberg und Bayern. Auch das Rheinland kennt mehrere typische Ortsnamenendungen wie zum Beispiel -siefen, -hoven oder -ich. Um letzteres soll es im Folgenden gehen.
Die Endung -ich ist ein besonderer Fall, da sie sich hinsichtlich ihrer Entstehung von anderen Suffixen wie -broich, -donk oder -rott unterscheidet: So sieht sie heute an vielen Ortsnamen zwar identisch aus, sie geht aber historisch auf viele verschiedene Grundwörter zurück. Durch lautliche Verschleifungsprozesse und Angleichungen (Analogien) haben diese sich vereinheitlicht.
Ein sehr altes Grundwort, auf das einige Ortsnamen im Rheinland zurückgehen, ist das keltisch-lateinische Suffix -acum. Die Römer haben diesen keltischen Namentypen (ursprünglich -akon), mit dem eine Zugehörigkeit gekennzeichnet wird, im zentralen Rheinland, aber auch in Frankreich, Belgien und Süddeutschland übernommen. Derartige Ortsnamen bestehen meist aus einem keltischen oder einem römischen Personennamen und eben der Endung -acum: Tolbiacum 'Gut/Anwesen des Tolbios', heute Zülpich. Im Rheinland gibt es einige wenige Ortsnamen mit der heutigen Endung -ich, die bereits in lateinischen Quellen belegt sind und deren römische Herkunft somit gesichert ist: Jülich (Juliacum), Zülpich und Gressenich (Grasciniacum). Bei vielen weiteren Orten wird ein zugrundeliegendes -acum vermutet, allerdings sind die Namen erst aus späterer Zeit überliefert, in der sich das Suffix bereits lautlich verändert hatte, z. B. Linnich (888 Linnika), Mechernich (1166 Mehterne), Endenich (804 Antiniche), was eine eindeutige Zuordnung nicht mehr möglich macht. In der Namen- und Heimatforschung war (und ist) die Deutung heutiger Ortsnamen mit der Endung -ich als acum-Namen beliebt, da man auf diese Weise versucht, einen möglichst geschlossenen keltischen Siedlungsraum im Rheinland nachzuweisen und der jeweiligen Ortschaft ein möglichst hohes Alter zuzuordnen. Jedoch ist längst nicht jeder heutige -ich-Name ein -acum-Name, wie die folgenden Beispiele zeigen werden.