Kallen

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Wenn Menschen des Kölschen mächtig sind, sprechen sie es oft auch – oder sie redde, schwade, bubbele oder kalle es, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Wenn Frau Kallen Kölsch kallt – macht sie dann ihrem Nachnamen alle Ehre?
Nicht ganz: mit kalle hat der Name nichts zu tun – sondern mit dem Vornamen Katharina! Das mag auf den ersten Blick nicht einleuchten. Schaut man sich einige Varianten von Katharina an, wird aber doch klar, wie man von Katharina auf Kallen kommt: Eine niederländische Variante lautet Katelijne, und eine Kurzform davon ist Calle.
Kallen ist ein sogenanntes Metronym, ein Nachname, der von einem weiblichen Vornamen abgeleitet ist. Vornamen waren bis ins Mittelalter hinein weitgehend ausreichend, um eine Person zweifelsfrei zu identifizieren; Nachnamen brauchte man noch nicht. Mit zunehmender Verstädterung lebten immer mehr Menschen mit demselben Vornamen an einem Ort, und um sie voneinander zu unterscheiden, gab man ihnen Beinamen. Als Basis für diese Beinamen wählte man oft den Namen eines Elternteils, zum Beispiel Johann, Peters Sohn. Im Laufe der Zeit entstanden aus solchen Mutter- oder Vaternamen (auch Metronyme und Patronyme genannt) vererbbare Familiennamen.

Bild
Mer kalle Kölsch, oder einen anderen Dialekt! | © Karl Guthausen/LVR, CC BY 4.0 (126-194/Archiv des Alltags im Rheinland)
Bildunterschrift
Mer kalle Kölsch, oder einen anderen Dialekt! | © Karl Guthausen/LVR, CC BY 4.0 (126-194/Archiv des Alltags im Rheinland)

Metronyme sind nicht so häufig wie Patronyme (Nachnamen aus einen männlichen Vornamen), doch es gibt sie: Feyen ist ein weiteres Beispiel dafür; der Name geht auf den weiblichen Vornamen Sophiezurück, oder auch Trienekens, was wie Kallen von Katharina abgeleitet ist.
Die Endung -
(e)n_ bezeichnet den Genitiv. Heute wird der Genitiv überwiegend mit der Endung -s gebildet (zum Beispiel das Leben – des Lebens oder der Baum – des Baumes), doch früher war auch die sogenannte schwache Genitivendung auf -en gebräuchlich, die heute nur noch an wenigen Wörtern zu finden ist (beispielsweise bei der Herr – des Herren oder der Löwe – des Löwen). Callen oder Kallen bedeutet also „Kind der Calle, Callen Kind“.
Kallt die hypothetische Frau Kallen nun Kölsch? Menschen mit dem Nachnamen Kallen findet man durchaus in Köln, vorrangig ist der Name aber im südniederfränkischen Dialektgebiet zuhause, besonders in einem Gebiet, das sich zwischen Düsseldorf und Duisburg liegt und bis in die Niederlande hinein reicht.