Tonaufnahmen: Regiolekt

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Bayern, Sachsen oder Schwaben erkennt man an ihrer Sprache, selbst wenn sie Hochdeutsch reden (wenn sie es denn können wollen). Die Rheinländer machen da keine Ausnahme, auch wenn es natürlich immer Ausnahmen gibt.
 
Es gibt im Rheinland sogar einen Namen für dieses rheinische Hochdeutsch: Adenauerdeutsch. Konrad Adenauer war bekannt für seinen rheinischen Akzent, den er sogar in höchst offiziellen Situationen nie ganz verbergen konnte, wie z.B. in der Regierungserklärung vom 6.9.1961 im Rundfunk. Wer genau hinhört, entdeckt die typisch adenauerschen/rheinischen Lautungen wenijen (statt 'wenigen'), mächtije (statt 'mächtige'), do (statt 'der'), klure (statt 'kluge'), Rejierung (statt 'Regierung'), dadursch (statt 'dadurch') oder einzijen (statt 'einzigen'). Wenn Adenauer hier sein "Kommuniquerheinisch" gesprochen hat, immerhin hat er den Text abgelesen, kann der Hörer sich vorstellen, wie stark sein Akzent in informelleren Situationen gewesen sein muss.

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regionale Sprache zum Anhören | © Pexels, Pexels-Lizenz
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Ein anderer, nicht so prominenter Rheinländer, war gebeten worden, einen kurzen Beitrag in Hochdeutsch auf Band zu sprechen. Der Bonner erzählte daraufhin, was er in jungen Jahren in seiner Freizeit so alles angestellt hatte. Auch er, der noch den bönnschen Dialekt beherrscht, ist immer noch deutlich als Rheinländer zu erkennen, wenn er Fernsehdeutsch sprechen will. Neben seinem rheinischen "Tonfall" rutscht ihm immer mal wieder die typisch ripuarische Lautung rein: hinjefahren, wissenschaftlische, ließen mer uns. Auch der Satzbau unterscheidet sich natürlich stark von einem schriftsprachlichen Text.

Die Umgangssprache im Ruhrpott hat seit einigen Jahren Konjunktur auf den Kleinkunstbühnen überall im Land. Ob die dort präsentierte Sprache wirklich ein Abbild des Regiolekts im Revier oder nicht vielmehr so etwas wie eine Kunstsprache ist, müsste einmal genauer analysiert werden. Wie die Menschen im linksrheinischen Duisburg im Alltag wirklich sprechen, hört man hier.

Ein Nicht-Kölner verbindet mit der Sprache der Domstadt meist das Millowitsch-Theater. Allerdings hat dessen Bühnensprache mit dem kölschen Dialekt herzlich wenig zu tun. Sie ist jedoch gar nicht so weit von der Umgangssprache entfernt, die auch in der rheinischen Großstadt mittlerweile die alltäglichen Kommunikationssituationen beherrscht - obwohl in Köln, verglichen mit anderen rheinischen Städten, noch verblüffend viel Kölsch gesprochen wird. Die bekannte Schauspielerin Samy Orfgen spielt in der Fernsehserie "Die Anrheiner" eine Regiolekt sprechende Köchin. Hier erzählt sie von ihrem Vater, der früher ein Lokal auf der urkölschen Luxemburger Straße betrieb.

Auch Dialektsprecher/innen aus der Nordeifel können heute je nach Situation virtuos zwischen verschiedenen Sprachlagen hin- und herwechseln. Hier kommt eine Sprecherin aus Stotzheim bei Euskirchen zu Wort, die in ihrer Jugend sogar noch das so genannte Jenisch ihrer Rotwelsch sprechenden Eltern gelernt hat. Als in einem Erhebungsgespräch die Rede auf allgemeine fiskalische Fragen kommt, wechselt sie vom Dialekt in den örtlichen Regiolekt, der aber, verglichen z.B. mit dem Duisburger Sprecher, noch deutlich mehr dialektale Merkmale aufweist.