Flurnamen zum Weinbau im Rheinland

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Deutsche Weine kommen heute vor allem aus Südwestdeutschland. Im nordrhein-westfälischen Rheinland wird nur im Siebengebirge Wein angebaut. Das war jedoch nicht immer so: Im Mittelalter war der Weinbau überall im Rheinland verbreitet. Das lag einerseits daran, dass Wein weniger Keime enthält als das damalige Trinkwasser und daher ein gängiges Getränk war, andererseits spielt Wein eine große Rolle in katholischen Gottesdiensten. Da im Mittelalter eine Warmperiode herrschte, gelang der Weinbau auch nördlich des heutigen Weinbaugebietes – wenn er auch nicht immer in qualitativ hochwertigem Wein resultierte. Die Neuzeit brachte eine Kälteperiode mit sich. Unter anderem deswegen ging der Weinbau zurück. Doch noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts gab es allein in Bonn ca. 820 Morgen Wingerte.

Wingerte? Das ist eine Bezeichnung für Weingärten. Sie gehört zu den sogenannten Flurnamen. Flurnamen dienen der Beschreibung von kleineren Geländeabschnitten, zum Beispiel von Hügeln, Wäldern, Wiesen, Gewässern, Ackerland oder auch Teilen einer Siedlung. Häufig sind sie mehrere Jahrhunderte alt und nur lokal bekannt. Wenn die Relevanz für eine konkrete Bezeichnung nachlässt – zum Beispiel, weil eine ehemalige Feuchtwiese bebaut wird – geraten sie in Vergessenheit. Manchmal bleiben sie aber auch in Orts- oder Straßennamen erhalten. Über Flurnamen erhält man einen Einblick in frühere Landschaften und der Einstellung der Menschen zu ihrer Umgebung.

Wingert ist der häufigste Flurname zum Weinbau im Rheinland, der außerdem in zahlreichen Straßennamen aufgegangen ist. Ein weiterer Zeuge des Weinbaus ist der Flurname Plänzer. Er bezeichnet eine Rebschule oder Neuwingert (einen neu angelegten Weingarten), kann sich aber auch auf eine Baumschule beziehen. Historische Belege hierfür sind Plencere (Siegburg-Wolsdorf 1205) und boeven Plenczeren (Bonn-Mehlem 1428). Das Wort geht auf lat. plantarium ‚Setzlinge; Baumschule‘ zurück. Der neuhochdeutsche Begriff Pflanze ist eine ähnliche Entlehnung, nämlich aus lat. planta ‚Setzling‘. Im Oberdeutschen wurde der Anfangslaut zu pf verschoben und später als Standardform betrachtet. 

Auch die Proffe oder der Proffen bezeichnet als Flurname eine Rebschule, in der die Trauben veredelt werden. Frühe schriftliche Belege hierfür sind apud Proffam (Hersel 1330) und in der Molenproffen (Bonn 1422). Auch heute taucht das Wort in Straßennamen auf, zum Beispiel In der Proffen (Alfter), In der Proffe (Bonn) und Proffenweg (Königswinter).

Unter einem Schnittling versteht man einen Rebsetzling. Wird dieses Wort als Flurname verwendet, bezieht es sich auf eine Ansammlung solcher Setzlinge, es ist also eine weitere Bezeichnung für Rebschulen. Aus Oberkassel ist von 1374 dye Snedelingh belegt. In Niederkassel heißt heutzutage eine Straße In den Schnittlingen.

Solche Rebsetzlinge wachsen an Traubenspalieren zu Weinreben heran. Die Spaliere nennt man mundartlich Donn oder Druvedonn, wobei Donn auch auf Spalierhecken im Allgemeinen hinweisen kann. Ein mittelalterlicher Beleg hierfür ist Doyne (Grevenbroich-Nettersheim 1306). Die Bonner Straße Auf der Donn wurde 1970 umbenannt und heißt seither Auf dem Tonnenpfad. Der Flurname ist dadurch schwieriger erkennbar.

Doch auch im nördlichen Rheinland gibt es Flurnamen außer Wingert, die eindeutig auf Weinbau hinweisen. Ein interessanter Vertreter dafür ist Weinmörter. Aus Kempen ist das Wort aus dem Hochmittelalter überliefert: apud vinarium Wynmurter (1370) und Wynmoerter (1449). Gemeint ist damit ein Wachthaus oder -turm in einem Weingarten, zu mndl. mortier ‚Wachthaus‘.

Geben auch Sie acht auf sich, wenn Sie Wein trinken. Stößchen!

 

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Ein Weinglas umgeben von Traubenspalieren.
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Ein Weinglas umgeben von Traubenspalieren. | © Elle Hughes über Pexels