stippen

Text

Auf dem Dialektfragebogen war darum gebeten worden, ‚tunken‘ in den örtlichen Dialekt zu übertragen (‚etwas <z. B. in die Suppe> tunken‘). Auf der Karte wird hochdeutsch tunken (orange) im Gebiet zwischen Emmerich und Eifel nur ein einziges Mal dokumentiert (für Köln-Nippes). Bereits häufiger anzutreffen ist stippen (blau), die Belege verdichten sich am rechten Niederrhein. Dagegen herrscht in den meisten Regionen des Rheinlands zoppen (gelb) vor, ausgenommen davon sind der Niederrhein mit soppen (hellgelb) links des Rheins und stippen auf dem rechten Ufer sowie der Südosten des Bergischen Lands, wo häufig dippen (braun) gesagt wird. Schließlich ist auf der Karte zweimal döppen zu finden, das für Wassenberg und für Donnerberg bei Stolberg gemeldet wurde. Den in der Legende aufgeführten Varianten mit -n entsprechen in den meisten Dialekten Formen auf -e (stippe, zoppe, soppe, tunke, dippe, döppe).  

Im Dialektwörterbuch für die Gemeinde Bedburg-Hau bei Kleve ist eine Reihe von Stichwörtern zu finden, die mit ss- beginnen, darunter ssoppe mit den Bedeutungen ‚tunken‘ und ‚nassauern‘ (Valentin 2013, S. 197/198, hier S. 198). Diese Schreibung dockt bei standarddeutschen Wörtern wie Wasser oder Ross an, meint also ein stimmloses s („scharfes“ s). Weitere Wörter sind beispielsweise Ssauss ‚Soße, Tunke‘, ssent ‚sankt‘ und Ssenter Kloas ‚Sankt Nikolauss‘ (Schreibung teilweise verändert). Dem soppen in der Kartenlegende entsprechen oftmals Lautvarianten mit stimmlosen s-, was sich in Schreibungen wie „ßoppe“ oder „ssoppe“ auf den Fragebögen niedergeschlagen hat. Die Entsprechungen im Kölschen haben ein ts- (geschrieben z-): zoppe, Zaus, zint, Zinter Kloos (Wrede 2010, S. 1102-1112).

Bild
stippen | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
stippen | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Ssoppen (soppen) und zoppen sind lautliche Varianten desselben Wortes. Die Ortspunktsymbole auf der Karte weisen dabei eine klare räumliche Verteilung auf, bei der die niederrheinische Nordwestecke vom übrigen Gebiet absticht. Diese areale Struktur ist von Theodor Frings häufig beschrieben worden (etwa Frings 1926; s. auch Cornelissen 2022). Zu zoppen gehört ferner Zöppken, die Bezeichnung eines kleinen Küchenmessers, gut bekannt ist das Wort im Raum Wuppertal-Remscheid-Solingen. In Solingen ist Zöppken sogar das Vorzeigewort überhaupt, hier gibt es auch den jährlich stattfindenden „Zöppkesmarkt“ (einen großen Flohmarkt mit zahlreichen Attraktionen).  

In der Südostecke des Bergischen Landes wird ein Gebiet sichtbar, in dem dippen (sowie tippen, hier zusammengefasst) benutzt wird, wenn ‚stippen‘ gemeint ist. Auf der Karte sind die Ortsnamen Wiehl, Waldbröhl und Morsbach zu finden, ergänzen ließen sich unter anderem Denklingen (zu Reichshof) oder Driesch und Heddinghausen (zu Nümbrecht).

Es kommen noch zwei weitere Aspekte ins Spiel. Erstens wird in vielen Orten des Rheinlands das dialektale zoppe (zoppen) auch in der Bedeutung ‚jemanden (z. B. im Freibad) untertauchen‘ verwendet. Zweitens hat zoppen den Sprung vom Dialekt in die regionale Umgangssprache geschafft, so dass es auch auf der entsprechenden Regiolektkarte in diesem Portal auftaucht. Der Vergleich zwischen den zwei Karten legt nahe, dass zoppen in weiten Teilen des Rheinlands in beiden Bedeutungen und in beiden Sprachformen, Dialekt wie Regiolekt, zu hören ist. Allerdings geben junge Leute, die zumeist ja nicht mehr Platt sprechen, zoppen immer mehr zugunsten von tunken (jemanden tunken) auf (Cornelissen 2004, S. 193/194; Rempel 2013, S. 105-109).

Der Vollständigkeit halber sei nachgetragen, dass zoppen auch ‚schlagen, ohrfeigen‘ bedeuten kann.

Die Karte beruht auf der ILR-Fragebogenerhebung des Jahres 2011. Wurde für einen Ort nur eine einzige Bezeichnung genannt, ist diese auf der Karte zu finden. Waren für einen Ort zwei oder mehr Bezeichnungen zu verbuchen, wurde die am häufigsten genannte übernommen. Für Köln-Stadt etwa lagen neun Belege für zoppe und zwei für stippe vor, also war zoppe zu berücksichtigen; im Falle von Neuss-Stadt hatten elf der dreizehn Fragebögen zoppe. Lila steht für eine andere zahlenmäßige Variantenkonstellation oder für eine weitere Variante (die nicht in der Kartenlegende aufgeführt ist). So waren auf den drei Fragebögen für Würselen beispielsweise drei verschiedene Bezeichnungen genannt worden: zoppe, dippe und zappe(n). Für Leverkusen-Schlebusch waren zoppe und stippe(n) zu verbuchen. Im Dialekt von Kohlberg bei Windeck kennen die Menschen die Bezeichnung stuppen, andere Synonyme wurden dort nicht genannt: All diese Orte haben auf der Karte die Farbe Lila erhalten.