Bonbons

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Jedes Kind liebt die kleinen, häufig runden Süßwaren, die die Karnevalsprinzen und –prinzessinnen sowie ihr Gefolge vom Wagen werfen. Wie die Bonbons in der Mundart bezeichnet werden, ist auf der Sprachkarte zu sehen. Grundlage ist ein Fragebogen des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR), der im Jahr 2017/2018 an die Gewährspersonen ausgegeben wurde. Auf dem Fragebogen sollte neben weiteren Einheiten zu Wortschatz, Aussprache und Grammatik auch angegeben werden, wie die Bonbons in der Mundart genannt werden.

Die Form Bröckskes (in ihren Form- und Lautvarianten) als Verkleinerungsform von Brock, wohl eine Benennung der Süßigkeit nach ihrer Form (zu niederländisch brok ‚brechen‘), dominiert am linksrheinischen Niederrhein von Kranenburg-Zyfflich und Kleve-Düffelward über Goch sowie Geldern bis etwa nach Kaldenkirchen und Krefeld. Einige Belege dieser Variante werden auch noch rechtsrheinisch bei Emmerich am Rhein, Rees, Hamminkeln-Mehrhoog sowie Wesel-Obrighoven sichtbar. Rechtsrheinisch finden sich am Niederrhein zudem Nennungen für Balleke, vereinzelt meldeten Gewährspersonen diese Variante auch bei Düsseldorf.

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Bonbons  | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
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Bonbons | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Südlich an dieses große Bröckskes-Ballekes-Gebiet grenzt ein Bereich, aus dem hauptsächlich Klümpchen (in unterschiedlichen Laut- und Formvarianten) gemeldet wurde. Er reicht vom Selfkant im Westen über Viersen und Mönchengladbach bis nach Solingen, Velbert, Wuppertal-Barmen und Remscheid. Gewährspersonen meldeten zudem auch aus einigen Orten weiter südlich entlang der Grenze zu Westfalen dieses Synonym. Hier gibt es Belege für Wipperfürth, Engelskirchen und Morsbach. Im Westfälischen lautet die Entsprechung allerdings Klümpken (zu Verkleinerungsformen im Westfälischen lesen Sie hier). Auch bei Windeck-Hoppengarten, Windeck-Leuscheid sowie im Raum Aachen und Simmerath wurde wieder Klümpchen gemeldet. In Köln-Marienburg liegt ebenfalls ein Beleg jener Bezeichnung vor. Das rheinische Klümpchen ist die Verkleinerungsform von niederdeutsch Klump(en), welches wiederum von mittelniederdeutsch klump(e) ‚Klumpen, Haufen, Handvoll‘ stammt.

Von Südosten drängt dann Kamelle ins Kartenbild. Das Gebiet dieser Variante reicht von der Eifel über das zentrale Rheinland und das Bergische Land bis nach Bedburg-Pütz, Dormagen-Stürzelberg, Leverkusen-Schlebusch und Engelskirchen-Loope, wo es an das Klümpchen-Areal stößt. Mit Kamelle wurden im Gegensatz zu heute ursprünglich nur Bonbons bezeichnet. Es handelt sich um eine Kurzform von Karamelle, das ‚gebrannter Zucker‘ meint und damit auf die verwendete Zutat sowie die Herstellungsweise der Süßigkeit verweist; ursprünglich diente es allein zur Bezeichnung von Sahne- oder Karamellbonbons. Heutzutage wird Kamelle auch für andere Süßigkeiten, aber vor allem auch weiteres Wurfmaterial bei den Karnevalsumzügen in Köln oder Düsseldorf verwendet.

Allen mundartlichen Bezeichnungen für ‚Bonbon‘ liegt damit entweder ‚Karamell‘ (aus portugiesisch sowie spanisch caramelo) oder ein Ähnlichkeitsbezug zu ihrer Form – etwas Zusammengeballtes oder eine an Stein erinnernde Form – zugrunde. Auffällig ist zudem, dass das hochdeutsche Wort Bonbon sehr selten von den Gewährspersonen im Rheinland angegeben wurde. Belege finden sich allein bei Duisburg-Alt-Walsum, Kaarst, Mönchengladbach-Eicken sowie Würselen-Bardenberg.
Orte, aus denen eine Variante häufiger als andere gemeldet wurde oder die eine andere Bezeichnung als die in der Legende vermerkten aufweisen, sind in der abgebildeten Sprachkarte lila kartiert. Das gilt etwa für Sonsbeck-Labbeck (BabbelkeBrökske), Leichlingen (KlümpchenKamell), Jülich-Selgersdorf (KlümcheKamelle) oder Bonn-Holzlar (KamllKlöpche).

Die kleinräumige Verbreitung der dialektalen Synonyme für ‚Bonbon‘ spiegelt sich auch in der regionalen Alltagssprache wider, wie eine ILR-Erhebung aus dem Jahr 2000 zeigt: Im ripuarischen Sprachgebiet ist vorwiegend Kamell belegt, während um dieses Gebiet herum Klümpchen gilt. Für den Niederrhein nannten Gewährspersonen linksrheinisch Brock sowie rechtsrheinisch Babbelken/Balleken.

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Bonbons in all ihrer Pracht | © Adam Zivner, CC BY-SA 3.0
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Bonbons in all ihrer Pracht | © Adam Zivner, CC BY-SA 3.0