ZOOsamme STARK! Dialektales im Kölner Zoo

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Kölsch ist wohl der bekannteste Dialekt des Rheinlands – und auch deutschlandweit hat er eine Sonderstellung. Wohl in kaum einer anderen Großstadt spielt der Dialekt noch so eine große Rolle, sei es als tatsächlich gesprochene Alltagssprache oder als Identifikationsmerkmal, dem man im Stadtbild immer wieder begegnet und das auch medial und materiell.

Auch im Kölner Zoo kann man das Kölsche antreffen, zum Beispiel im Titel einer Broschüre des Vereins „Freunde des Kölner Zoos e.V.“. ZOOSAMME STARK! steht darauf in großen Lettern geschrieben, ein witziges Spiel mit dem Wort Zoo und dem Kölschen. Denn das standarddeutsche Wort zusammen lautet hier zosamme (mit langem o)!

Kennt man einige kölsche Wörter, fällt schnell auf, dass die Entsprechung hochdeutsches langes u = kölsches langes o oft vorkommt: Bloot 'Blut', Fooß 'Fuß', Jrooß 'Gruß', Koo 'Kuh' oder Stohl 'Stuhl'. Auch das – im Vergleich zum Standarddeutschen zusammen – fehlende n am Wortende hat im Kölschen System: In verschiedenen Wortarten enden Wörter auf -e und nicht wie im Hochdeutschen auf -en. Dies betrifft sowohl Substantive (Bere 'Birnen', Düüre 'Türen', Segge 'Seiten'), Verben in verschiedenen Flexionsformen (esse 'essen', mir komme 'wir kommen', se saache 'sie sagen') als eben auch Adverbien (buse 'außen', medse 'mitten', zosamme 'zusammen'). Beide Phänomene kommen übrigens nicht nur im Kölschen, sondern auch in anderen ripuarischen Dialekten vor.

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Broschüre mit dem Titel Zoosamme stark
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Gelungenes Wortspiel mit dem Dialekt | © Cornelius Dirk

Doch im Kölner Zoo gibt’s noch mehr Dialektales zu entdecken, zum Beispiel bei den Elefantennamen. 2020 kam dort ein Elefantenmädchen zur Welt, das den Namen Leev Ma Rie erhielt. Angelehnt ist dieser kölsche Name natürlich an den Liedtitel "Leev Marie" der Kölner Band "Die Paveier".

Doch im Vergleich zum Liedtitel fällt ein Unterschied auf: die Schreibung des Elefantennamens. Denn Marie wird mit einem Leerzeichen zwischen den beiden Silben geschrieben: Ma Rie. Dass es sicher dabei nicht einfach um eine grafische Spielerei handelt, zeigt der Vergleich mit den Namen von Leev Ma Ries Verwandten. La Min Kyaw heißt beispielsweise ihr Bruder, Shu Thu Zar ihre Mutter. Hierbei handelt es sich um birmanische Namen, denn Shu Thu Zar stammt ursprünglich aus Myanmar (auch Birma/Burma). Hier gibt es ein ganz anderes Personennamensystem (nach dessen Vorbild auch die Elefantennamen gebildet sind) als in Deutschland. So besteht jeder birmanische Name aus ein bis vier Silben, die jeweils eine konkrete Bedeutung tragen, z.B. shwe 'Gold', Thet 'Leben', Thàn 'Millionen', Aung 'Erfolg' oder Hlá 'hübsch'. Üblich ist außerdem, einen Namenbestandteil mit einem Buchstaben beginnen zu lassen, der dem Wochentag der Geburt zugeordnet ist: Án ist an einem Sonntag geboren, Yin an einem Donnerstag. Auch kann eine Silbe etwas über die Position des Namenträgers innerhalb der Familie aussagen: Maung 'jüngerer Bruder' oder Lat 'mittel, zwischen Geschwistern'. Darüber hinaus wird üblicherweise die Familienzugehörigkeit nicht im Namen angezeigt, d.h. Familiennamen wie wir sie kennen, die von den Eltern auf die Kinder vererbt werden, gibt es nicht. Doch gerade Eltern mit Kontakt in den Westen geben ihren Kindern manchmal einen Bestandteil des eigenen Namens, um die Verbindung zu kennzeichnen. So hat Ù Bá Maw, birmanisches Staatsoberhaupt von 1943–45, seine Kinder Zali Maw, Omma Maw und Tinza Maw genannt. Zwar kann theoretisch jede Silbe zum Namenbestandteil werden, in der Praxis sind aber nur etwa 80–100 unterschiedliche üblich. Daher kommen die Namen, auch wenn sie immer individuell zusammengesetzt werden, jeweils häufiger vor.

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Elefantenherde im Außengehege
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Leev Ma Rie und ihre Familie | © Kölner Zoo, Pressebilder

Der Name von Leev Ma Ries Mutter Shu Thu Zar kann so übersetzt werden: Shu bedeutet in etwa 'etwas ist es Wert, angesehen zu sein', Thu Zar ist zusammengehörig und bedeutet 'Engel', bezeichnet eine weibliche Person und ist häufig auch ein weiblicher Name. Das th in Thu wird wie ein englisches th in this oder that ausgesprochen. Durch Thu Zar wird angezeigt, dass die Elefantenkuh an einem Freitag (03.06.1994) geboren wurde.

Leev Ma Rie ist übrigens nicht der erste kölsch-birmanische Name, der im Kölner Zoo vergeben wurde: 2007 brachte die Elefantenkuh Tong Koon einen kleinen Elefantenbullen mit Namen Ming Jung, Kölsch für 'Mein Junge' auf die Welt. Er lebt heute in einem Zoo in England. Ob dort der Sprachwitz des Namens noch verstanden wird, ist allerdings fraglich…

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Birmanische Schriftzeichen für den Namen Shu Thu Zar
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Der Name "Shu Thu Zar" in birmanischen Schriftzeichen