Tummeläut, Kuckeleboum oder Kusselkopp?

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Egal, ob Sie die sportliche Übung als Vorwärtsrolle, Purzelbaum oder gar Salto kennen – grade bei Kindern ist die Rolle um die eigene Querachse schwer angesagt. Auch in unterschiedlichen Sportarten wie dem klassischen Turnsport, Judo oder Wasserspringen sind Varianten des Purzelbaums bekannt. Das Wort Purzelbaum selbst ist dabei wohl eher dem kindlichen Sprachgebrauch entliehen und geht auf eine Verbindung der Verben purzeln ‚sich überschlagend, stolpernd hinfallen, fallen, stürzen’ und (sich) aufbäumen zurück; bereits im 16. Jahrhundert ist dieses Wort zum ersten Mal als Burzelbaum belegt.

Je nach Region sind weitere, teilweise sehr unterschiedliche Bezeichnungen für die Vorwärtsrolle bekannt. So zeigt die Sprachkarte, die auf Grundlage der Antworten zu Fragebogen 9 (2011) des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte entstanden ist, einen großen Variantenreichtum für Köln und die nähere Umgebung der Domstadt. Dabei lässt sich jedoch eine relative klare Verteilung der Varianten erkennen: Im Süden und Westen, zwischen Dormagen-Zons, Kerpen-Blatzheim, Bonn und Hennef sowie für Köln selbst dominiert Kuckeleboum/-boom (blau). Zwischen Odenthal, Olpe, Rösrath-Volberg und Neunkirchen-Seelscheid-Seelscheid im Osten ist dann allerdings das Synonym Hocklenbroch (gelb) dominant. Nur im Norden sind gleichzeitig mehrere Varianten belegt – so wurde für Neuss-Reuschenberg sowie bei Solingen vorrangig Tummeläut (rot) gemeldet, für Düsseldorf-Benrath und Düsseldorf-Urdenbach dann Kusselkopp (grün) und bei Monheim am Rhein, Leichlingen, Köln-Lützenkirchen und Wermelskirchen-Dhünn schließlich Tummelebock (orange).

Wurde für einen Ort(steil) nur eine Variante gemeldet, so wurde für diesen ein einfarbiger Punkt in entsprechender Farbe (siehe Legende) verwendet. Gaben die Gewährspersonen hingegen mehr als eine Variante an, erhielt der Punkt ein andersfarbiges Fenster für das Synonym, das am zweithäufigsten genannt wurde. Das Symbol Halbe-Halbe wurde für jene Orte kartiert, aus denen zwei konkurrierende Varianten mit gleicher Häufigkeit gemeldet wurden. Nannten Gewährspersonen aus einem Ort hingegen mehr als zwei konkurrierende Synonyme mit gleicher Häufigkeit, so erhielt dieser einen Punkt in lila.

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Sprachkarte Purzelbaum
Bildunterschrift
Purzelbaum, Köln und Umgebung | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Mit Blick auf die Karte zeigt sich bereits das breite Spektrum dialektaler Bezeichnungen für den Purzelbaum im Raum Köln, wo aber liegt der Ursprung der einzelnen Varianten? Kusselkopp könnte laut Rheinischem Wörterbuch (Band 4, Sp. 1782) zum mundartlichen Kusel ‚Schmutz, Verschmutzungen‘ zu stellen sein, allerdings scheint diese Erläuterung nicht passend. Denkbar ist auch, dass Kusselkopp auf das rheinische Verb kuseln, kusele ‚purzeln, wegrollen‘ zurückzuführen ist. Der zweite Teil des Wortes -kopp ‚Kopf‘ bezieht sich dann vermutlich darauf, dass bei der Rolle vorwärts über den Kopf abgerollt wird. Kuckeleboum/-boom liegt wohl eine ähnliche Herleitung zugrunde: Die rheinischen Verbformen kockeln, kokeln, kuckeln und kaukeln haben die alte Bedeutung ‚purzeln, sich tollpatschig benehmen, Purzelbaum schlagen‘ behalten und sind bereits im Mittelniederdeutschen als gockelen, im Althochdeutschen als gougulon belegt. -boum/-boom ist wie beim Purzelbaum wohl auf das Verb ‚(sich) aufbäumen‘ zu beziehen. Tummelebock hingegen dürfte auf tummeln, die mundartliche Variante des Wortes ‚taumeln‘ zurückzuführen sein. Ähnliches gilt auch für Tummeläut (nach Wrede auch Trummeleut) – der erste Teil des Wortes lässt sich vermutlich auf ‚tummeln, Tummel‘ zurückführen. Der zweite Bestandteil wirft hingegen Fragen auf.

Was auch immer Sie am 27. Mai, dem Tag des Purzelbaums planen, vielleicht bleibt ja ein wenig Zeit, einen Tummeläut, Kuckeleboum oder Kusselkopp zu schlagen.

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Schematische Darstellung, wie man einen Purzelbaum macht
Bildunterschrift
Anleitung zum Schlagen eines Purzelbaums | © Korneliswalma, CC BY-SA 3.0.