„Dat Portal" op Jück: Vorpommern

Text

Nicht nur im Rheinland spricht man nördlich der Benrather Linie Niederdeutsch: Diese Dialektgrenze zieht sich bis zur Ostgrenze des deutschsprachigen Gebietes und schließt damit auch das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ein.

Die Mecklenburg-Vorpommerschen Dialekte gehören zum Ostniederdeutschen und teilen sich wiederum in drei Gebiete auf: Schwerinerisch, Vorpommersch und Strelitzisch. Es mag überraschen, doch diese Dialekte teilen einige Gemeinsamkeiten mit dem Westfälischen, die über die Zugehörigkeit zum Niederdeutschen hinausgehen. Dies liegt daran, dass in Mecklenburg-Vorpommern im Mittelalter gezielt Bäuer:innen angesiedelt wurden, die unter anderem aus Westfalen stammten.

Eines dieser gemeinsamen Merkmale ist die sogenannte Hiatustilgung. Unter einem Hiat versteht man in der Sprachwissenschaft das Aufeinandertreffen von Vokalen in aufeinanderfolgenden Silben, zum Beispiel bau-en. Die lautlichen Regeln einiger Sprachen und Sprachvarietäten lassen das nicht zu, also muss der Hiat getilgt werden. bauen heißt im Westfälischen dann je nach Dialekt zum Beispiel bowwen, im Vorpommerschen bugen.

Bild
Plakat mit Illustration eines Baumes, seiner Bewohner und anderer Waldtiere. Die erklärenden Texte sind im Vorpommerner Platt verfasst
Bildunterschrift
In'n Busch - In the forest | © Verena Krautwald, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Wie es für das Niederdeutsche üblich ist, hat im Vorpommerschen die Frühneuhochdeutsche Diphthongierung nicht stattgefunden. Das bedeutet aber keineswegs, dass sich in Sachen Zwielaut nichts verändert hat. Das nebenstehende Plakat enthält das Wort utraugen ‚ausruhen‘: ut- ist für Dialektsprechende des nördlichen Rheinlands sofort als ‚aus‘ zu verstehen. raugen ‚ruhen‘ enthält die obenstehende Hiatustilgung, der ursprüngliche mittelniederdeutsche Vokal ou (rouwen ‚ruhen‘) ist zu au geworden.

In Mecklenburg-Vorpommern sprechen längst nicht alle Menschen Plattdeutsch im Alltag, es ist allerdings als Schulfach wählbar. Vor allem jüngere Generationen sprechen einen standardnahen Regiolekt, der von der Alltagssprache in Brandenburg beeinflusst wird. Dazu gehört auch die Aussprache von wat für ‚was‘ – ein Phänomen, das wir auch im Rheinland nur zu gut kennen.

Wäre nicht die Bezeichnung des Wochentags vor Sonntag im deutschsprachigen Raum unterschiedlich – tendenziell im Westen Samstag, im Osten Sonnabend – könnte man diesen maritimen Kalender auch im Rheinland verkaufen. Denn sowohl dort als auch in Vorpommern weiß man: Wat mutt, dat mutt!

Bild
Ein Wochenkalender mit maritimen Häuser- und Tierillustrationen.
Bildunterschrift
Wat mutt, dat mutt | © Verena Krautwald, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte