Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Umdrehung

Erklärung

(meist im Plural) 'Alkoholgehalt eines Getränks': "Wat is dat dänn von billiger Schabau, der hat ja bloß 32 Umdrehungen. Komm, von dem Bier kannze ruhich noch einen nehmn, dat hat ja kaum Umdrehungen."

umfökeln

Erklärung

"rumfökeln", seltener "jemandem fökeln" 'bauchpinseln, jemanden umgarnen, schön tun, sich anbiedern': "So wie dat den am umfökeln is, will die geheiratat wern, glaub ich jedenfalls. Der fökelt um seine Chefin, dat is en wahre Freud: Frau Doktor da, Frau Dokter hier, kann ich Ihnen? un wat nich all... Also wenn du mir so komms, da fühl ich mich ja richtig umfökelt, mach weiter so."

umhauen

Erklärung

'verblüfft werden, erstaunt werden': "Wat du da sachst, dat haut mich glatt um. Dat haut mich jetz aber um, dat hätt ich nie für möchlich gehalten!"

umkommen

Erklärung

Wenn man im zentralen Rheinland "umkommt", dann stirbt man nicht, sondern kehrt um oder kommt zurück: "Nach em Cinema kommste aber direkt widder um!"

"Umkommen" 'verderben, schlecht werden' dürfen auch Lebensmittel auf gar keinen Fall: "Ess mal den Kartoffelsalat auf, der darf doch nich umkommen. Früher ham wer nix umkommen lassen."

'nichts anbrennen lassen, jede Gelegenheit nutzen': "Der Kuddi kann aunix umkommen lassen, gestern nache Paaty waa der schonn widder mit ne andere Perle am rummachen."

umme

Erklärung

'umsonst, kostenlos': "Dat gibbet für umme!" Das interessante Wort, dessen Herkunft wohl auf die Abkürzung von pfälz. "ummesunscht" zurückgeht, scheint der allgemeinen Umgangssprache entlehnt zu sein (siehe Kommentare; nach dem Atlas zur deutschen Alltagssprache ist der Ursprung in der Pfalz und im nördlichen Schwaben). Siehe auch "um".

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!