Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Üllen

Erklärung

'Eulen' (nur Plural) in der Redewendung "Spott nich mit Üllen, dat geben dicke Büllen" 'Auf den Spott folgt das dicke Ende'. Die Redewendung ist noch im Bergischen Land zu hören.

Ullig

Erklärung

'Ullich, Ulligen, Ullige' "kleines Kind, kleiner Junge, kleines Mädchen": "Dat Ullich kann ja schon laufen! Ich hab der Ulligen en Beutel Gummibärchen mitgebracht. Die Ullige von nebenan. Der is bei der Ulligen. Hasse die Ullige gesehen. Na, du Ulligen! Die Ullijen ham echt Spass im Pool."

In Mülheim gab es kleines Busunternehmen mit dem Namen "Der Ullige".

Manchmal auch als Adjektiv für 'klein, mickrig' gebraucht: "Der Baum da is aber wat ullich."

Zu hören am Niederrhein und im Ruhrgebiet. "Ullig" ist ein altes Mundartwort dieser Region.

ülmen

Erklärung

'schwitzen, dampfen, qualmen': "In dem Betriebsraum bisse schon am ülmen, ehe dat Werchzeuch überhaup angepackt has."

um

Erklärung

oft auch "öm/üm". Das kleine Wörtchen kann vielfältige Bedeutungen haben: "Die Milch is um. (nicht mehr gut, verdorben) Der Garten is um.(umgegraben) Die Katze is um. (tot, gestorben) Der is um. (völlig betrunken) Der Kleine is total um (sehr müde). Der is öm. Kein Wunder, soviel wie der gesoffen hat. (betrunken) Dat is um! Geh nich am Rathaus vorbei, dat is um (Umweg)."

Die Wortkombination "um die" wird im Rheinland in Regel als "umme" gesprochen: "Der Aldi is umme Ecke. Die ham ihre Tante bestimmt umme Ecke gebracht, sonst könnten die sich dat Auto doch gar nich leisten. Hasde gesehen, wie der umme Kurve gebrettert is?"

Nicht "umme" gesprochen werden dagegen- wenigstens in Köln im Regiolekt - die mit "um die " gemachten ungefähren Zahlenangaben: "Die neue Gloze hat uns um die Tausend Euronen gekos. Die ham mich auf der Autobahn geblitz, da bin ich wohl um die 80 gefahren inner Baustelle." Im Standarddeutschen würde man stattdessen "zirka", "ungefähr" oder "etwa" sagen.

umbringen

Erklärung

'umtauschen, zurückbringen': "Dat Pullöverschen können mer widder umbringe, wenn et nit passt. Dat muss ich morgen umbringen. Wenn dir der Hund nit jefällt, brings den öm!"

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!