Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Saft

Erklärung

'Spannung, Strom': "Is da Saft aufe Dose? Du must ers den Saft abstellen, dann kannze am basteln anfangen."

Saftladen

Erklärung

'Lokal', 'Geschäft' oder auch 'Behörde mit schlechtem Service': "Dat is vielleicht en Saftladen hier, da warteste Stunden! In den Saftladen geh ich nich mehr."

Saftsack

Erklärung

'unsympathischer, unzuverlässiger Mensch': "Mit dem Saftsack will ich nix zu tun haben."

Saftschubse

Erklärung

'Flugbegleiterin'

sagen

Erklärung

Kommt in den unterschiedlichsten Zusammenhängen in der Umgangssprache vor. Hier eine kleine Sammlung: "Dat Spiel war sauschlecht, sach ich ma. Dat sind bestimmt fünfzehn, ich sach ma, zwanzig Kilometer. Ich sach jetz ma, der hat vielleicht 90 Quadratmeter Wohnfläche. Son schäbbigen Sommer ham wer schon lang nich mehr gehabt. Dat sach aber man auch! (Bestätigungsfloskel: Da hast du Recht! Na und ob!) Ich glaub, mit den Kalle seiner Perle, dat wird nix mehr! Da sachse wat! (ebenfalls Bestätigungsfloskel: Völlig richtig. Genau!) Sach ma, du kennz do denn Manni, oder? (Kontaktformel, Gesprächseinleitung). Wie alt schätzte mich? Aber sach jetz nix Falsches!"

Andere Verstärkungsfloskeln: "Du räums heut dein Zimmer auf, Fröllein, ich sach et Dir!" Dieser kann gern noch eine Drohung mit Konsequenzen folgen, wenn nicht...

Oder: "Lass et dir jesacht sein, wenn Du en Hoffnung bis, wird jeheirat!" Das Gegenteil geht auch: "Ob isch heiraate, is noch lang nich gesacht." Oder dieses: "Ja, wer sacht denn dat ich heirate, wenn wat unterweegs is? Die ham schon wieder en neuen Daimler, da sachse nix. Für das tolle Hemd hab ich nur 20 Euro bezahlt, da kannst nix sagen, oder? (in Ordnung sein) Ihr lasst mich mich mitmachen oder ich sarret der Mamma! (petzen, verraten)"

Auch: "Ich sarret (als Drohung).Wir kriegen den Zug noch dicke! Das sachs du! (Betonung auf dem du: Ich glaube das nicht!) Sach, ich hätt et dir gesaht! (Du wirst noch merken, dass ich Recht habe!) Der Typ is doch, wie soll ich sagen, leicht verrückt."

"Was bei sagen müssen" 'etwas beschwören, herbeiflehen': "Dat Autoschloss geht nich so einfach auf, da musse wat bei sagen!"

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!