Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Maleste

Erklärung

"Malesten", "Moleste", "Molester", "Maläste", "Malessen" 'Beschwerden, Unannehmlichkeiten': "Die hat immer Malessen mitte Beine, bald kann die gar nich mehr gehen. Ich hab Maleste mitte Augen. Die Karre hat aber auch schon Molesten, damit würd ich nich in Urlaub fahren. Haste Moleste mittem Stuhlgang, oder wat kuckste so? (Frage an einen griesgrämigen Menschen). Die Malese mit meim Kompjuter is, dat isch immer Moleste mit dem Onlinetelefonbuch hap, da find ich nix un seh nur bunt viereckisch Jemangs auvem Schirrem, aba mit andere Sachen im Internet is et auch so. (Es funktioniert nicht so, wie gewünscht)."

"Der arme Käl hat auch fies Moleste mit der Frau; die geht ihm fremd, auf-en Wecker, abber nie mal zur Hand" lautet eine Entschuldigung für das Verhalten eines Saufkumpans.

Sehr schön auch: "Sach ma, hasse Maläste mitte Gesuntheit?"

Maleur

Erklärung

'Missgeschick': "Mir is ein Maleur passiert. Da haste das Maleur!"

Auch: "mich iss en grand malheur de kack passiert" als lustige Variante in der Bedeutung 'mir ist ein großes Mißgeschick passiert.'

malle

Erklärung

'bescheuert, verrückt, verwirrt': "Bisse malle oder wat? Ich bin schon ganz malle von der Schaukelei hier."

Wenn etwas 'kaputt' ist, kann es auch "malle" sein: "Die Platte is malle, die kannze vergessen."

Mallotze

Erklärung

'Mallorca': "Wo waaze? Wir fliegen dies Jahr nach Mallotze." Auch kurz "Malle".

malochen

Erklärung

'(schwer) arbeiten': "Der malocht aufe Zeche. Ich hab den ganzen Tach im Garten malocht. Der arme Kerl is nur am malochen, und kommt doch auf keinen grünen Zweich."

"Maloche" '(harte) Arbeit': "Dat war ne üble Maloche früher vor Ort. Die Maloche macht mich fättich. So hab ich mir die Maloche nich vorgestellt."

"Lau Maloche un tofte Achile" (wenig Arbeit und gutes Essen)

"Malocher" 'Arbeiter': "Der is Malocher bei Krupp. Mach bloß Abitur, oder willze immer Malocher bleiben."

Die südrheinländischen Varianten ("malochen" ist beileibe kein exklusiv ruhrpöttisches Wort, wie viele meinen) lauten "malore" (arbeiten) und "Malor" (Arbeiter).

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!