Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Gedicht

Erklärung

Bezeichnung für eine Sache, die besonders gut, besonders lobenswert, besonders gut gelungen ist: "Den Kuchen von Margot musst du unbedingt mal probieren, ein Gedicht sag ich dir!"

Gedöns

Erklärung

"Jedöns", "Gedöne" 'Getue, Aufwand': "Mach nich son Gedöns um dat bischen Haushalt. Wat dat wieder von Gedöns is. Wat für en Jedöns. Immer son Gedöns, wenn du ma wat tun solls. Dat is aber auch en Gedöns, wenn man mit der ganzen Bagage inen Urlaub fährt. Dä hät do en Jedöns in seinem Zimmer. (überflüssiges Zeug) Der hät vielleicht en Jedöns an der Backe, der hat nie Zeit. (Stress)"

Im Rheinland seht "Gedöns" auch für die Menstruation: "Ich hab gerade mein Gedöns. Die hat ihr Gedöns, da kannse heut nichts mit anfangen."

"Gedöns" kann auch 'Kram/Zeug/Geraffel' sein: "Wat willse mit dem ganzen Gedöns hier denn noch. Ich würd dat ganze Gedöns alles wechschmeißen."

"gedönsich" 'kleinlich, sehr genau': "Der is schon wieder so gedönsich." Ältere Rheinländer und Rheinländerinnen kennen noch den "Gedönsrat/Jedönsrat" als Bezeichnung für jemanden, der sich sehr wichtig nimmt und aus jedem Furz ein Gewitter macht: "Mein lieber Herr Gedönsrat, nu mach ma halblang!" Auch als Bezeichnung für einen aufgeblasenen Beamten.

Gedress

Erklärung

"Gedriss", "Jedress" 'Mist, dummes Zeug, ärgerliche Angelegenheit, Aufregung': "Nu mach ma nich son Gedriss hier. Wat soll dat ganze Gedress. Dat janze Jedress, ich bin et leid." Das Wort ist im zentralen Rheinland zu hören und gilt als typisch ripuarisches Mundartwort.

Gedudel

Erklärung

'lästige Schallberieselung, Musik': "Ich bin schon voll gagga. Dat Gedudel im Kaufhaus nervt mir noch den letzten Raub. Dat Gedudel soll Musik sein?"

Auch "Kaufhausgedudel".

"dudeln" 'spielen' (von Musik im Radio oder Fernsehgerät): "Boh, bei denen dudelt den ganzen Tach die Kiste, dat hältse nich aus."

Gefasel

Erklärung

"Jefasel" 'Gerede, (dummes) Geschwätz': "Dem sein Gefasel geht mir echt auf en Zeiger. Wat is dat denn fürn wirres Jefasel?"

"faseln" 'schwätzen, dummes Zeug reden, angeben': "Jetz fasel nich rum, sondern komm zur Sache. Wat faselse da wieder von Zeuch."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!