Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

Gänge

Erklärung

In der Wendung "in die Gänge kommen" (sich beeilen): "Nu komm endlich inne Gänge, der Bus kommt gleich. Bis die inne Gänge kommen, is Mittach."

Gannef

Erklärung

'Typ, Macker, zwielichtige Person': "Da kam son Gannef angeschoben und wollte zwanzich Cent für nach Hause anzurufen." Wie einige andere rotwelsche Wörter hat sich auch Gannef in der Umgangssprache des Potts gehalten; das Wort selbst geht zurück auf jüdischdeutschen Ursprung (siehe "Gannove").

Gänsekrätzchen

Erklärung

'Gänsefüßchen': "Schreibt man Blau machen in Gänsekrätzchen?"

Gänsewein

Erklärung

"Gänsebier" veraltet für 'Mineralwasser' im Bergischen Land und im Ruhrgebiet (siehe "Gletscherbier").

ganz

Erklärung

"ganzen", "ganzes" 'alle, komplett': "Wir ham die ganzen Kisten schon ausgeräumt. Mein ganzes Geld is wech! Wie, die ganze Schachtel Pralinen hasde gegessen?"

Auch 'mängelfrei, vollständig, intakt': "Komm her, ich mach dir dat wieder ganz. Ich wünsch mir endlich ma en ganzes Radio, nich son ewig kaputtes Ding wie dat hier."

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!