Wörterbuch rheinischer Alltagssprache

egal

Erklärung

"ejal" 'gleich': "Die Stücke sind egal lang. Dat Backblech hat en Schneider, da kannze kein Teich egal drauf verteilen. Die Zwillinge sehn aba akurat egal aus. Die Menschen sin sich alle egal, nur mansche sin eben wat egaler. (gleich und gleicher) Die sin sich egal. (gleichgültig sein) Egal is 88! (Antwort auf die Aussage 'Ist mir egal!')."

ehrlich?

Erklärung

Als Ausdruck der Überraschung (nicht des Zweifels): "Der Pitt wird siebzich! Ehrlich?"

Ei

Erklärung

Als leichtes Schimpfwort für einen eher tollpatschigen Menschen: "Ey, pass doch auf du Ei! Da kannze dir en Ei drauf backen (stolz sein können). Eier inne Pfanne, sons werden Krokedile draus (sagt man, um den Anfängen zu wehren)."

Als Bezeichnung für eine Verformung: "Ich muss in die Werkstatt, mein Vorderrad hat ein Ei. Da haste aber ein ganz schönes Ei am Kopp. Der Ball hat en Ei. Du hast wohl en Ei am wandern (spinnen)."

Auch in der Wendung "dickes Ei" als Ausruf der Überraschung: "Ach du dickes Ei, dat jetz auch noch. Heut kommt et aber dicke."

"Eier schaukeln" 'faul herumsitzen, nichts tun': "Wat macht der eigentlich außer den ganzen Tach die Eier schaukeln?"

"wie aus dem Ei gepellt sein" 'sehr sauber und extrem ordentlich angezogen sein': "Unser Udo is immer wie aus dem Ei gepellt seit der den neuen Job hat."

"und en Ei ausem Konsum". Redewendung: "Denkste!, sonst noch was?" oder totaler Quatsch; oft eingeleitet mit "Ja, is klaar" (Konsum betont auf der ersten Silbe, das u kurz gesprochen) "Hömma, kannsde mir ma deine neue Karre für et Wochenende leihen? Ja, is klaar, un en Ei ausem Konsum!"

"eiern" 'verformt sein': "Dat Rad eiert. Der is vielleicht umme Kurve geeiert, so besoffen, wie der war."

Eierfeile

Erklärung

Harmloses Schimpfwort: "Die Eierfeile hat schon wieder die Kohle vergessen. Ej hör ma, du Eierfeile, kannze nich aufpassen."

Ebenfalls als "Eierfeile" bezeichnet wird der harte, schmale Sattel eines Rennrads.

Eierkitsche

Erklärung

'schrottreifes Auto': "Kannze dir nix besseres als sone Eierkitsche leisten. Die gibt do gleich den Geist auf!"

Text

Die meisten Menschen sprechen im Alltag kein gestochenes Hochdeutsch, sondern eine mehr oder weniger ausgeprägte Umgangssprache, auch Regiolekt genannt. Sie kann durchaus noch nahe an der Standardsprache sein, oder auch erkennbare dialektale Einflüsse haben. Immer ist sie aber deutlich von der Hochsprache unterschieden, die man in der Regel nur in ganz bestimmten Situationen, etwa in der Schule oder beim Bewerbungsgespräch spricht.

Das ist im Rheinland nicht anders als in Bayern oder Berlin, auch wenn der Abstand zur Standardsprache jeweils größer oder kleiner ist. Auch in Aachen, Köln, Duisburg oder Kleve spricht man ein rheinisch gefärbtes Deutsch, das ein für Außenstehende deutlich erkennbares Identifikationsmerkmal ist. Nur ist die Umgangssprache, anders als die Hochsprache, keine geschriebene Sprache.

Das Problem ist: Über die Standardsprache kann man sich in vielfältigen Wörterbüchern informieren, die alle aus den Werken berühmter Dichter:innen, aus Tageszeitungen oder Zeitschriften kompiliert sind. Umgangssprachliche Wörterbücher dagegen sind sehr selten, denn hier kann man keine schriftlichen Quellen auswerten, sondern ist auf die Sprecher:innen selbst angewiesen. Kein Wunder, dass zum Beispiel alle großen regionalen Dialektwörterbücher wie das Rheinische oder Pfälzische, mehrere Jahrzehnte bis zu ihrer Vollendung gebraucht haben, weil man auf mühselige und aufwendige Fragebogenerhebungen angewiesen war.

Um dies zu ändern, hat sich der ehemalige LVR-ILR Sprachwissenschaftler Peter Honnen Anfang der 2000er Jahre etwas ausgedacht: das Rheinische Mitmachwörterbuch. Die Idee: Mithilfe des Internets sollten die Sprecher:innen mit ihm zusammen ein Wörterbuch der rheinischen Umgangssprache erstellen. Von 2007 bis 2019 konnten Wortvorschläge, am besten mit Bedeutungsangabe und Beispielsatz, auf der Homepage eintragen werden, diese wurden dann umgehend von Peter Honnen gesichtet und veröffentlicht. Zu bestehenden Worteinträgen konnten dann in Kommentaren Informationen ergänzt werden, so war es zum Beispiel von großem Interesse, an welchen Orten überall ein bestimmtes Wort bekannt ist. So ist über die Jahre ein stattliches Wörterbuch herangewachsen: Etwa 4.500 Wörter sind darin nun verzeichnet. Eine solch umfangreiche Dokumentation des alltagssprachlichen Wortschatzes einer Region, die auch noch von den Sprecher:innen selbst angefertigt wurde, ist einmalig im deutschen Sprachraum. Wir danken allen Beitragenden, die über die Jahre das Projekt unterstützt und bereichert haben und freuen uns, dass der Wortschatz der rheinischen Umgangssprache in diesem Online-Wörterbuch nun hervorragend dokumentiert und für jede:n zugänglich ist!