Sichtbare Mehrsprachigkeit

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Die Amtssprache in Deutschland ist – nun ja, Deutsch. Die meisten Texte, die uns in deutschen Straßen begegnen, sind auf Deutsch verfasst. Dennoch ist Mehrsprachigkeit weit verbreitet. Nicht nur durch den Fremdsprachenunterricht in der Schule, sondern auch durch die Pflege der Herkunftssprache bei Menschen mit Migrationshintergrund werden hierzulande viele Sprachen gesprochen – und öffentlich geschrieben.

Laut dem Mikrozensus 2020 des Statistischen Bundesamtes sprechen ca. 64% der über 10.000 befragten Haushalte, in denen mindestens ein Mitglied einen Migrationshintergrund hat, vorwiegend Deutsch. In den Haushalten, die vorwiegend eine andere Sprache verwenden, sind Türkisch, Russisch, Arabisch, Polnisch und Englisch (in dieser Reihenfolge) vorherrschend. Es verwundert daher nicht, dass die Bundesregierung Plakate zur Covid-19-Impfung in diesen und weiteren verbreiteten Sprachen gut sichtbar anbringen ließ und die Sprachen aus dem Zuhause in die Öffentlichkeit brachte. Die Sichtbarkeit von Texten im öffentlichen Raum nennt man auch „Linguistic Landscape“ (sprachliche Landschaft). Die sichtbare Mehrsprachigkeit ist eine Hilfe für diejenigen, die kein oder nur wenig Deutsch können und wird laut einer Studie aus dem Ruhrgebiet von vielen Menschen als Zeichen von Weltoffenheit betrachtet.

Apropos Ruhrgebiet: hier leben etwa 5 Millionen Menschen, damit ist es die fünftgrößte Metropolregion Europas. Der Anteil von Einwohner:innen mit Migrationshintergrund ist in Städten höher als auf dem Land und das Ruhrgebiet stellt hier keine Ausnahme dar. In Duisburg zum Beispiel liegt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund bei mehr als 30% und damit über dem deutschen Durchschnitt. Die Analyse der sichtbaren Sprachen im Ruhrgebiet zeigt, dass 66,5% der sichtbaren Texte auf Deutsch (sowohl Standarddeutsch als auch Ruhrdeutsch) verfasst wurden. Englisch ist mit 20,1% vertreten und damit als Lingua Franca zu deuten. Es folgt Türkisch mit 12,7%. Alle anderen Sprachen wie Französisch oder Polnisch befinden sich im einstelligen Prozentbereich.

Wenn Sie das nächste Mal durch die Straßen gehen, achten Sie doch mal darauf, in welchen Sprachen Hinweisschilder, Plakate und Graffiti verfasst sind! Wie sieht die sprachliche Landschaft Ihrer Nachbarschaft aus?

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Aufruf zur Corona-Impfung auf Arabisch
Bildunterschrift
Ein Plakat zur Covid-19-Impfung an einer Bushaltestelle | © Verena Krautwald, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte