"Plästern", "schiffen", "sicken" - es regnet!

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Blickt man in den letzten Tagen aus dem Fenster, könnte man fast meinen, es wird gar nicht mehr hell – Regen wohin man blickt. Dass man gerade im Rheinland viel Regen gewohnt ist, zeigt sich auch an der Vielzahl von Regenbezeichnungen, die den Menschen zwischen Emmerich und Bonn geläufig sind: fieseln/fiselndröppelnplästernsickenschiffenpladdern sind nur einige davon. Während im Standarddeutschen zumeist regnen (mit den Zusätzen leichtstarkheftig und so weiter) verwendet wird, bietet die rheinische Umgangssprache viele unterschiedliche Verben, um die Intensität des Regens zu beschreiben.

Schauen wir uns die einzelnen Wörter genauer an: Fisseln (eher im Süden) oder fieseln (zumeist im Norden) beschreibt feinen Regen, bei dem man nicht richtig nass wird, aber auch nur bedingt trocken bleibt. Abgeleitet ist das Verb von FiseFisel, das im rheinischen Dialekt die 'feine Bohnenseitenfaser' oder das 'Fädchen' meint. Es regnet quasi Bindfäden – also so, dass zwischen den einzelnen Tropfen kein Platz mehr zu sein scheint. Ähnlich viel Regen fällt, wenn Menschen im Rheinland von dröppeln reden – als rheinische Variante von tröpfeln drückt es aus, dass der Regen in wenigen kleinen Tropfen herunterfällt. Auch der Wasserhahn tröpfelt, wenn er nicht mehr so richtig funktioniert.

Nimmt der Regen zu und wird stärker, so wird oft von plästern 'heftig, platschend regnen' gesprochen. Aus der Römerzeit überliefert bedeutet plastrum eigentlich 'Mörtel'. Wahrscheinlich wurde es wegen des Lautes – dem klatschenden Geräusch beim Auftragen des Mörtels – auf das Prasseln des Regens übertragen. Seinen Ursprung hat das Wort dabei im lateinischen emplastrum 'Pflaster, aufgeschmierte Salbe', das von griechisch emplássein 'aufschmieren' stammt.

Auch etwas derbere Ausdrücke werden im Rheinland dazu genutzt, um besonders starken Regen zu beschreiben; etwa sicken, auch wenn es nördlich der Ahr eher 'urinieren' bedeutet. Als niederdeutsche Variante von seichen geht sicken auf althochdeutsches sihan 'leise tröpfelnd fließen' zurück. Das trifft sowohl auf den Urin als auch den Regen zu. In den rheinischen Mundarten dient das Verb allerdings ausschließlich der Bezeichnung für Regen. Eine ähnliche Analogie gibt es zum Wort schiffen. Ursprünglich als Beschreibung für 'Schiff fahren' verwendet, übertrugen Studenten Schiff 'Gefäß' auf einen Nachttopf, in den man hineinschifft, also uriniert. Wohl das Geräusch oder die Tatsache, dass sowohl Urin als auch Regen "fließen", führte zur Übertragung des Verbes schiffen auf das Herabprasseln starken Regens. Ebenso steht pladdern in Verbindung mit Ausscheidungen: Als Ableitung von niederdeutsch Pladder 'zähflüssige Masse, Kuhfladen' geht das Wort zurück auf eine westgermanisch lautmalende Wurzel *pladd 'Dünnflüssiges absondern'. Auch hier hat vermutlich der Klang dazu beigetragen, dass mit pladdern auch starker Regen bezeichnet werden kann.

All diese Beispiele verdeutlichen, dass Wörter unterschiedlicher Herkunft zur Übernahme in unseren Alltag führen können. Ob Klang (plästernsickenpladdern) oder ähnliches Aussehen (fisselnfieseln), warum wir einige Worte verwenden, ist uns häufig nicht mehr bewusst (und im Falle der Regenbezeichnungen ist das vielleicht auch manchmal ganz gut…).

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Regen auf Bäumen
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Et plästert den janzen Tach...! | © Bibhukalyan Acharya