Europäischer Tag der Sprachen

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Der 26. September ist der Europäische Tag der Sprachen, an dem alle Sprachen Europas geehrt werden sollen. Wie viele Sprachen es in Europa genau gibt, kann man nicht sagen. Wissenschaftlich gesehen gibt es keine trennscharfe Linie zwischen Sprache und Dialekt (siehe dazu auch Wo endet ein Dialekt und wo beginnt eine Sprache?). Immerhin kann man aber die Amtssprachen der Europäischen Union beziffern: es sind 24.

Dazu gehören Deutsch und Niederländisch. Gemeinsam mit dem Friesischen bilden diese Sprachen und ihre dazugehörigen Dialekte das sogenannte kontinentalwestgermanische Dialektkontinuum. Dieses unhandliche Fachwort bezeichnet das Phänomen, dass geografisch benachbarte Dialekte der genannten Sprachen untereinander verständlich sind. Je weiter sie geografisch voneinander entfernt sind, desto schwieriger wird die Kommunikation. Um 1900 reichte das Kontinuum von der niederländischen und belgischen Nordseeküste bis nach Preußen im Norden und Ostösterreich im Süden, und umfasste auch einige Sprachinseln in Ostmitteleuropa.

Heute ist die Rolle der Standardsprachen größer als die der Dialekte. Auch die Verschiebung von Staatsgrenzen und die Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen im Zuge des Zweiten Weltkriegs haben dazu beigetragen, dass das Dialektkontinuum nicht mehr so lückenlos ist wie um 1900. Vergleicht man jedoch dialektales Material aus dem Rheinland mit dem in den Niederlanden und Belgien, erkennt man viele Gemeinsamkeiten.

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Eine niederländisch beschriftete Karte über die rheinischen Dialekte in Deutschland und den Niederlanden. Der nördliche Teil ist Kleverländisch, südlich schließt das südniederfränkische Gebiet an. Einen großen Teil in Deutschland nimmt das ripuarische Dialektgebiet ein, das jedoch kaum in die Niederlande ragt. Am östlichen bzw. südlichen Rand des Rheinlands befinden sich von Norden nach Süden Westfälisch, Ostbergisch und Moselfränkisch.
Bildunterschrift
Dialektgrenzen und Landesgrenzen können unabhängig voneinander verlaufen. | © Esther Weiss, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Der Rheinische Fächer beginnt und endet nicht im Rheinland. Die ihn ausmachenden Grenzen erstrecken sich weiter in den Westen und Osten, das heißt, sie erfassen auch unter anderem auch die Niederlande und Belgien. Betrachten wir einmal Salz und Pfeffer, wie es in den Wenkerbögen in grenznahen rheinischen Orten sowie westlich der Grenze lautet.

Kleverländisch:

Kleve: Salt än päper

Provinz Gelderland (NL): salt än pääper

Südniederfränkisch:

Waldfeucht: Saut on Päper

Susteren (NL): zout en peper

Ripuarisch:

Aachen: Salz än Päffer

Eupen (B): Saut en Peifer

Vaals (NL): zals èn pèffer

Wer also einen rheinischen Dialekt aus Deutschland spricht und auf Dialektsprecher:innen aus den Niederlanden und Belgien trifft, sollte sich durchaus verständigen können. Doch auch ohne aktive Dialektkenntnisse kann man diese sprachliche Vielfalt, die zugleich eine sprachliche Einigkeit darstellt, wertschätzen.