Der Siebenschläfer

Text

Am 27. Juni ist Siebenschläfertag. Der Tag wird mit einer alten Bauernregel in Verbindung gebracht, die besagt: „Regnet es am Siebenschläfertag, der Regen 7 Wochen nicht weichen mag.“ Der Tag soll also das Wetter der nächsten sieben Wochen vorhersagen können. Benannt wurde er nach einer christlichen Legende, um den sieben Schläfern von Ephesus zu gedenken, die der Überlieferung nach die Christenverfolgung unter Kaiser Decius überlebt haben sollen. Sie sollen sich in einer Höhle versteckt haben, wo sie lebendig eingemauert wurden. Doch sie starben nicht, sondern schliefen 195 Tage lang, bis sie entdeckt wurden und wiedererwachten.

Der Siebenschläfer, ein Nagetier, hat mit der Benennung des Tages nichts zu tun, außer, dass sein Name daran erinnert. Das Tier wurde nach der Eigenschaft benannt, dass es ungefähr sieben Monate im Jahr Winterschlaf hält – ein richtiger Langschläfer also. Dafür hat das kleine Tier in regionaler Umgangssprache seine Spuren hinterlassen. 

In Dialekten haben Tiere manchmal nicht nur andere Namen als in der Standardsprache, teilweise werden sie auch anders voneinander unterschieden – oder gar nicht. Im Oberdeutschen, wo die Zweite Lautverschiebung am weitesten fortgeschritten ist, nennt man eine Ratte auch einen Ratz. Aber mit Ratz ist nicht nur die Ratte gemeint, sondern auch der Siebenschläfer. (Um die Verwirrung komplett zu machen: In der Jägersprache bedeutet Ratz ‚Iltis‘, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.)

Die umgangssprachliche Bezeichnung ratzen für ‚schlafen‘ ist eine Ableitung von Ratz und bedeutet damit ‚wie ein Siebenschläfer schlafen‘. Das Wort ist auch über das oberdeutsche Sprachgebiet hinaus bekannt, insgesamt trotzdem eher selten. 

Das häufigste umgangssprachliche Synonym für schlafen dürfte pennen sein, das aus dem Rotwelschen entlehnt wurde. Die genaue Etymologie ist nicht bekannt, aber vermutet wird, dass es vom westjiddischen Wort pannai ‚müßig‘ abgeleitet ist. Es könnte auch eine Ableitung von dem rotwelschen Wort Penne mit der Bedeutung ‚Herberge, Schlafstelle‘ sein. Erstmals ist es 1687 als Bonne belegt und geht zurück auf Jiddisch binjan ‚Gebäude‘ oder pene, pinno ‚Winkel, Ecke‘. 

In den rheinischen Dialekten gibt es neben den entsprechenden dialektalen Formen wie schlofe und schlope noch weitere Möglichkeiten, ‚schlafen‘ auszudrücken.

Eine davon ist ülen, wörtlich ‚eulen‘. Damit drückt man aus, dass jemand schläfrig ist oder im Sitzen döst, einer Eule nicht unähnlich. Am Niederrhein nennt man es knülen, wenn man sitzend einnickt. Weiter südlich sagt man dazu nuppen oder nöppen

Sehr spezifisch ist das ripuarische Verb einuhren, denn es bedeutet ‚vom Mittagessen bis 1 Uhr mittags schlafen‘. Ein solches Schläfchen nennt man auch Nühr oder Nührchen

Wenn ein Kind schläft, kückelt dieses im zentralen Rheinland. Kückeln ist eine Verkleinerung von kücken oder kucken, so wie sich köcheln zu kochen oder lächeln zu lachen verhält. Kücken/kucken kommt vom französischen couche ‚Bett, Lager‘ und hängt auch mit dem standarddeutschen kuschen zusammen, das bei Tieren ‚sich hinlegen, ducken‘ bedeutet. Übrigens hat auch Couch diesen Ursprung. 

‚Schlafen gehen‘ kann man auch mit in die Heia gehen oder Heia machen ausdrücken. Heia bedeutet ‚Wiege‘ oder ‚Bettchen‘. In vielen Schlaf- und Wiegeliedern für kleine Kinder kommt Heia oder auch Heija, Haia, Haija vor. Aus der gesungenen lautmalenden Lautfolge hat sich der Ausdruck Heia für ‚Bett‘ entwickelt.

Einen solchen geeigneten Ort zum Schlafen suchen die ersten Siebenschläfer schon im September. Schlafplätze können das Erdreich, in das sie eine Höhle graben, Baumhöhlen oder auch Schutzhütten sein. Darin können die Nager schließlich schlopen, ratzen, oder auch pennen, bis sie dann meist im Mai wieder aus ihrem Winterschlaf erwachen.

Bild
Das Bild zeigt einen Siebenschläfer.
Bildunterschrift
Der Siebenschläfer | © CathyUser, Pixabay-Lizenz