"am Rad drehen"

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Im Herbst 2019 wurde auf einem Fragebogen des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) nach der Bekanntheit und Verbreitung einzelner Redewendungen in den Landkreisen und Städten des Rheinlandes und des Ruhrgebietes gefragt. Unter anderen fand sich dort auch die Wendung am Rad drehen mit der Bedeutung 'verrückt, ärgerlich werden': glaub, ich dreh am Rad. Der dreht am Rad, wenn der dat merkt.

Allgemein lässt sich zur Bekanntheit feststellen, dass die Redewendung in allen Regionen des Rheinlandes und des Ruhrgebietes verbreitet ist und auch überall in der Alltagssprache verwendet wird. Neben dem Wohnort der Gewährspersonen wurde auch nach deren Geburtsjahr gefragt, um in Abhängigkeit vom Alter zu erläutern, wie verbreitet und bekannt die jeweiligen Wendungen sind.

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Ob solch ein Rad gemeint ist bei dieser Wendung? | © Engin Akyurt, Pexels-Lizenz
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Ob solch ein Rad gemeint ist bei dieser Wendung? | © Engin Akyurt, Pexels-Lizenz

Hier zeigt sich, dass das Alter der Teilnehmenden durchaus Einfluss auf die Kenntnis von am Rad drehen hat. Während in Altersgruppe 1 (vor 1945 geboren) nur etwa 40% angeben, die Wendung zu kennen und sie auch in ihrer Alltagssprache zu verwenden, steigt dieser Prozentsatz bis zur vierten Altersgruppe (1987 bis 2009) kontinuierlich an. Je jünger die Gewährspersonen also sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Wendung kennen.

Die Herkunft von am Rad drehen ist nicht eindeutig geklärt. In einschlägigen Werken findet sich kein Eintrag zu der Wendung, dafür aber zahlreiche weitere, in denen das Wort Rad vorkommt. Am Rad drehen könnte demnach zurückgehen auf den Lauf der Dinge oder das Schicksal des Menschen und seinen Lebenslauf, die bildlich mit einem sich drehenden Rad verglichen werden können. Dreht sich dieses übermäßig schnell, wird man daran verrückt oder ärgerlich.

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Verbreitung und Bekanntheit nach Altersgruppen | © Sarah Puckert, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY-SA 4.0
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Verbreitung und Bekanntheit nach Altersgruppen | © Sarah Puckert, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY-SA 4.0

Die Befragten wurden bei der ILR-Erhebung neben einer Einschätzung zu Kenntnis und Gebrauch von einzelnen Wendungen auch darum gebeten, weitere Redewendungen mit der Bedeutung ‚verrückt, ärgerlich werden‘ anzugeben. Besonders häufig meldeten sie dabei durchdrehen, aber auch Varianten wie bekloppt sein, jeck im Kopp sein, unter Strom stehen, im Dreieck springen, raderdoll sein oder läuft rund wie ein dilldopp wurden mehrfach gemeldet. Zusätzlich gaben auch einige Gewährspersonen grammatische Variationen der Redewendung selbst an und zwar in der Form am Rädchen drehen.