"einen vor die Mappe hauen"

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Im Jahr 2019 führte das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) eine Befragung zu Redewendungen in den Landkreisen und Städten des Rheinlandes und des Ruhrgebietes durch. Dazu wurde ein Fragebogen versandt, auf dem auch nach der Bekanntheit und Verwendung von einen vor die Mappe hauen gefragt wurde. Als Bedeutung ist im gesamten Erhebungsgebiet ‚jemanden ins Gesicht schlagen‘ verbreitet: Du krichs gleich einen vor die Mappe, wenne nich aufhörs. Willse einen vor de Mappe? Dem hab ich gleich eine vor die Mappe gehauen, da wusster Bescheid. (Wörterbuch rheinischer Alltagssprache). In der Online-Umfrage des ILR sollten die teilnehmenden Personen jeweils angeben, ob sie die Redewendung a) kennen und verwenden, b) kennen, aber nicht verwenden oder c) nicht kennen. Für einen vor die Mappe hauen meldeten 2019 etwa die Hälfte aller Teilnehmenden, dass sie die Wendung kennen, aber selbst nicht verwenden. Vor allem nördlich der Benrather Linie ist diese passive Kenntnis der Wendung bei den Gewährspersonen hoch. Je weiter südlich die Teilnehmenden der Online-Erhebung leben, desto seltener kennen und verwenden sie einen vor die Mappe hauen: Im ripuarischen Sprachraum ist die Wendung im Gegensatz zu den anderen Regionen des Rheinlandes häufiger unbekannt.

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Ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Mappe“ | © PIRO4D, Pixabay-Lizenz
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Ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Mappe“ | © PIRO4D, Pixabay-Lizenz

Neben der regionalen Verbreitung kann auch das Alter der Fragebogenbearbeiter:innen Einfluss auf die Kenntnis und Verwendung von Wendungen haben, für einen vor die Mappe hauen zeigt sich bei der Erhebung 2019 allerdings, dass sie in allen Altersgruppen etwas gleich bekannt ist. In Altersgruppe 1 (vor 1945 geboren) und Altersgruppe 4 (1988-2009) liegt die Zahl derjenigen, die die Wendung nicht kennen, sogar etwas höher als für die Gewährspersonen, die zwischen 1946 und 1987 (Altersgruppe 2 und 3) geboren sind. Die Herkunft der Wendung ist nicht eindeutig geklärt. Im Rheinischen Wörterbuch (Band 5, Sp. 849) ist Mappe vereinzelt im Bergischen Land und am Niederrhein belegt, allerdings mit der Bedeutung ‚Hülle, Hefter‘. Belege für die übertragene Bedeutung von Mappe als ‚Gesicht‘ oder ‚Kopf‘ sind im Rheinischen Wörterbuch hingegen nur für einen kleinen Teil des Rheinlandes belegt: en Schlag an de M. ‚an den Kopf‘ (Rees-Wesel). Der Ursprung dieser Übertragung ist nicht geklärt, weder im Rheinischen Wörterbuch noch im Rheinischen Mitmachwörterbuch finden sich konkrete Erklärungsansätze zur Herkunft der Wendung. Bei dieser Redewendung wird schnell deutlich: Oft sind Brauchtum, historische kulturelle Verhältnisse oder vergangene Zeiten Quell von Wendungen, sodass ein Verständnis teilweise nur mit Blick auf historische Dokumente möglich ist oder gänzlich ausbleibt.

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„Mappe“ kann im Rheinland auch das Gesicht meinen | © eveann, Pixabay-Lizenz
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„Mappe“ kann im Rheinland auch das Gesicht meinen | © eveann, Pixabay-Lizenz

Bei der Frage nach Varianten nannten die Befragten in der Online-Erhebung des ILR zahlreiche Wendungen, die etwa die gleiche Bedeutung wie einen vor die Mappe hauen haben, die Bedeutung ist den meisten Teilnehmenden also durchaus geläufig. Neben Synonymen für Mappe wie etwa Fresse, Zwölf, Omme, Nuss, Maul, Mütze, Schnütt oder einfach Kopf nannten sie häufig auch nur ein Verb statt einer gesamten Wendung als Variante: reinschlagen, knallen oder scheuern sind nur einige Beispiele. Ebenso wurden dialektale Formen (En paar für dä kopp haue, Dä kritt jet paar vor et Fressbrett) und auch Verkleinerungsformen der Mappe (eins aufs Mäppchen kriegen, einen vors Mäppchen hauen) als alternative Formulierungen der Wendung gemeldet.