Aussprache von 'pf' als /f/

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Geschrieben mögen uns in der Bildunterschrift durchaus einige Wörter (Fingsten 'Pfingsten', Ferdeweide 'Pferdeweide', Fosten 'Pfosten') als "komisch" und "falsch" auffallen, hätte man ihn allerdings gehört und nicht gelesen, wäre er vermutlich im gesamten Rheinland als "korrekt" und "normal" bewertet worden. Das liegt daran, dass es sich um ein weitverbreitetes, lautlich aber (zumindest für rheinische Ohren) vergleichsweise unauffälliges Phänomen handelt: die Aussprache von pf am Wortanfang als f. (Das diese Aussprache für Hörer aus anderen Gegenden durchaus auffällig sein kann, zeigt diese Diskussion in einem Internetforum).

Wie Untersuchungen des Instituts für deutsche Sprache (IdS) im gesamten deutschen Sprachraum zeigen, ist die vereinfachte Aussprache von pf als f in weiten Teilen Deutschlands sehr beliebt: Sowohl in Mittel- als auch in Norddeutschland wird die einfache Variante f auch in standardnahen Sprechsituationen wie dem Vorlesen zumeist häufiger verwendet als pf. Dies trifft also auch auf das Rheinland zu. So ist diese Form auch in offiziellen Reden von Politikern zu hören: Die ehemalige, aus Aachen stammende Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sprach so beispielweise von einem Flegeversicherungsbeitrag 'Pflegeversicherungsbeitrag' (Berend 2005, S. 151).

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Die Ferdeweide braucht bis Fingsten dringend neue Fosten! | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte
Bildunterschrift
Die Ferdeweide braucht bis Fingsten dringend neue Fosten! | © Charlotte Rein, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Entstanden ist die Aussprachevariante im Rheinland als "Kompromiss" zwischen Hochdeutsch und Dialekt: Alle Dialekte des Rheinlands haben dort, wo im Hochdeutschen am Wortanfang ein pf steht ein p: Pingste 'Pfingsten', Päärd 'Pferd' und Poss 'Posten'. Zu Zeiten, als das Hochdeutsche noch weniger verbreitet und der Dialekt die Alltagssprache im Rheinland war, taten sich viele Sprecher:innen schwer, das ungewohnte pf im Hochdeutschen auszusprechen, meistens klang es eher wie f. Da diese vereinfachte Variante nicht zu Verständigungsproblem führte, konnte sie sich etablieren und bis ins heutige rheinische Hochdeutsch erhalten – und sie wird auch von denen verwendet, die gar keinen Dialekt beherrschen.

Erkennbar wird die Problematik schon an Schriftstücken ungeübter Schreiber:innen aus dem 19. Jahrhundert: […] und von innen sagte unser Kapttein waren sie auch beschaffen wie ein schwein sie sollten haben drei pfinger dick pfleiß auf den rippen und sollten schmecken wie anders fleis […] (Cornelissen 2007, S. 48).

An den Schreibungen pfinger 'Finger' und pfleiß 'Fleisch' wird deutlich, dass der aus Loikum am Niederrhein stammende Bauernsohn Schwierigkeiten hatte auseinanderzuhalten, in welchen Wörtern der Laut, den er als f aussprechen würde, als pf oder aber als f verschriftlicht wird. Und Schreibunsicherheiten wie diese kommen auch heute noch vor, zum Beispiel als Hyperkorrekturen (Pfleisch für 'Fleisch'). Diese passieren, wenn eine Ensprechungsregel fälschlicherweise angewendet wird: Ein rheinischer Sprecher hat gelernt, das häufig, wenn er am Anfang eines Wortes ein f spricht, diesem Laut in der Schrift ein pf entspricht: Fingsten > Pfingsten. Da es aber natürlich auch Wörter gibt, die auch im Hochdeutschen ein f am Wortanfang haben, kann es zu falschen Übertragungen dieser Regel kommen: Fleisch > Pfleisch. Andersherum kann es natürlich auch dazu kommen, dass eine (zu) lautnahe Verschriftung vorgenommen wird: Fosten für 'Pfosten'.