Meerbusch
Insgesamt ähneln die Dialekte des heutigen Meerbuschs den umliegenden Dialekten wie in Krefeld, Neuss und Düsseldorf. Doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail. Vergleicht man Wortschatz, Lautung und Grammatik, stößt man auf Unterschiede, die einem Nord-Süd-Gefälle ähneln: die Dialekte der nördlichen Stadtteile Meerbuschs, darunter Lank und Osterath, vereinen mehr südniederfränkische Merkmale in sich, die der südlichen, zum Beispiel Büderich, mehr ripuarische.
Die Zwiebel-Grenze
Die lexikalischen Unterschiede umfassen eine Reihe verschiedener Begriffe, einer davon ist ‚Zwiebel‘. In den Dialekten von Lank und Osterath wird dieses Gemüse als Look bezeichnet und in Büderich als Öllek. Look entspricht dem standarddeutschen ‚Lauch‘ (das seinen Klang durch die frühneuhochdeutsche Diphthongierung und die Zweite Lautverschiebung verändert hat). Öllek geht auf eine Mischform aus Ünne von lat. unio ‚Zwiebel‘ und Lauch zurück. Look ist typisch für das Kleverländische im Norden des Rheinlands, während Öllek und seine Varianten wie Üllich im Süden weit verbreitet sind. Diese Grenze zwischen Lank und Osterath auf der einen, Büderich auf der anderen Seite, nennt Robert Rameil „Zwiebelgrenze“.
In diesem Sinne ist die Zwiebelgrenze eine ideale Repräsentation dafür, wie im südniederfränkischen Dialektgebiet verschiedene Dialekteigenschaften ineinanderfließen.
Lank und Osterath teilen noch mehr Gemeinsamkeiten, die sie von Büderich unterscheiden, zum Beispiel die Bezeichnung für ‚Huhn‘. Während man in Lank und Osterath Honn sagt, verwendet man in Büderich Küüke.
Die Zwiebelgrenze trennt aber nicht nur im lexikalischen Sinne. Auch verschiedene Aussprachephänomene lassen sich auf beiden Seiten erkennen. Die für das Ripuarische typische Velarisierung tritt im südniederfränkischen Raum seltener auf. In Lank und Osterath nennt man ‚Wein‘ Wiin, in Büderich Wing. ‚braun‘ heißt in Lank und Osterath bruun, in Büderich brung. Damit teilen sich Lank und Osterath Gemeinsamkeiten mit den Dialekten in Krefeld-Oppum und -Fischeln, während Büderich sich zu Neuss, Düsseldorf-Heerdt und Kaarst gesellt.
Möchte man in Lank und Osterath etwas trinken, so hat man offensichtlich Duesch. Nicht so in Büderich, dort möchte man den Doosch stillen. Ähnlich verhält es sich mit ‚Wurst‘ (Wuesch im Norden, Woosch im Süden) und ‚Tod‘ (Duet im Norden, Doot im Süden). Eine der wichtigsten Fragen in der rheinischen Dialektologie ist die nach der Zweiten Lautverschiebung. Die Benrather Linie verläuft zwar südlich von Meerbusch, doch Dialektgrenzen sind immer durchlässig. Daher ist es nicht verwunderlich, dass das südliche Büderich mehr Konsonanten verschoben hat als die nördlichen Nachbarn. Das sieht man unter anderem am Zahlwort ‚zwei‘ (zwai in Büderich, twie in Osterath und twai in Lank) und an ‚Küche‘ Kösch in Büderich, Köek in Osterath und Köök in Lank).
Allerdings sind die Dialekte von Lank und Osterath nicht in jeder Hinsicht identisch und weisen gemeinsame Unterschiede zum Dialekt in Büderich auf. Leseratten aus Lank blättern gerne in einem Buek, während der gleiche Gegenstand in Osterath Bock und in Büderich Book heißt.
Wie die nördlichen Dialekte von Osterath und Lank klingen, können Sie sich auch anhören. Besuchen Sie hierfür unsere Sprechende Sprachkarte.