Die Eifelschranke

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„Wer mit der Eifelbahn Köln – Trier über den höchsten Punkt bei Schmidtheim hinausgekommen ist, wird merken, daß die einheimische Bevölkerung sich einer anderen Mundart bedient als die Menschen der nördlichen Teilstrecke. Statt der rheinfränkischen Volkssprache dringen moselfränkische Laute an sein Ohr.“ Das Phänomen, das Klaus Hamper hier 1966 erläutert, lässt sich linguistisch mit dem Überqueren der sogenannten „Eifelschranke“ erklären. Dabei handelt es sich um eine dialektale Sprachgrenze, allerdings – wie bei dialektalen Grenzen üblich – ohne absolute Trennschärfe.

Die Eifel beginnt im südlichen Teil des Rheinlands bei Düren und wird im Süden von der Mosel begrenzt. Sprachgeographisch kann die Eifel in zwei Dialekträume unterteilt werden: Das ‚Platt‘ der südlichen Eifel wird den moselfränkischen Dialekten zugeordnet, die Mundarten der nördlichen Eifel hingegen zählen zu den ripuarischen Dialekten und ähneln so eher dem Öcher Platt oder dem Kölschen. Die sprachliche Grenze verläuft von Siegen bis Bad Honnef, überquert dort den Rhein und durchzieht dann die Eifel bis Malmedy in Belgien.

Schon in der Römerzeit bestimmen die politischen Strukturen die Entwicklung der Eifler Dialekte. So verläuft die Grenze zwischen dem Ripuarischen und dem Moselfränkischen etwa entlang der alten römischen Grenze zwischen Germania superior und Germania inferior. In der Feudalzeit unterschied man die Gebiete Kurtrier und Kurköln, was sich heute noch in den jeweiligen Diözesen fortsetzt. Auch verläuft die Landesgrenze von NRW etwa auf der dialektalen Grenze.

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Blick von Ripsdorf auf Wacholderheide nahe der Eifelschranke | © Annette Schwabe, LVR
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Blick von Ripsdorf auf Wacholderheide nahe der Eifelschranke | © Annette Schwabe, LVR

Für die sprachgeographische Einteilung war die Durchführung der zweiten Lautverschiebung maßgeblich. Es sind die unterschiedlichen Ergebnisse dieser Lautverschiebung, die die markanten Grenzen zwischen den einzelnen Dialektverbänden bilden. So erscheinen die moselfränkischen Ausdrücke, die „rf“ oder „lf“ haben, also z. B. „Dorf“ und „helfen“, im Ripuarischen mit „rp“ bzw. „lp“ und lauten dementsprechend Dorp und helpen. Auch in der Umsetzung der frühneuhochdeutschen Diphthongierung sind Unterschiede festzustellen: Im Ripuarischen hat sie nicht stattgefunden, dort heißt es Hus und schrieve (‚Haus‘, ‚schreiben‘), während es im Moselfränkischen Hous und schreive heißt. Auch deutlich wird die Differenz zwischen den beiden Dialekträumen anhand der sogenannten Velarisierung: Dabei werden die Konsonanten /d/ und /t/ als /g/ und /k/ artikuliert. So wird aus „schneiden“ schnigge und aus „hinten“ hinge. Die Velarisierung wird im ripuarischen Raum weiträumig durchgeführt, wohingegen sie im Moselfränkischen nicht zu finden ist.

Diese lautlichen Merkmale lassen sich auch anhand der Wenkerbögen zweier Orte aus der Eifel belegen: Der Beginn des 26. Wenkersatzes lautet in der standardsprachlichen Vorlage „Hinter unserm Hause“. Während im moselfränkischen Schönfeld der Satz als H’nner oosemm Houß in die Mundart übertragen wurde, findet sich im ripuarischen Lammersdorf die Form Hönger osem Hus:

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Ausschnitt aus dem Wenkerbogen 10535 (WS26, „Hinter unserm Hause“) aus Schönfeld (moselfränkische Eifel) | © Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Marburg
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Ausschnitt aus dem Wenkerbogen 10535 (WS26, „Hinter unserm Hause“) aus Schönfeld (moselfränkische Eifel) | © Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Marburg
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Ausschnitt aus dem Wenkerbogen 26101 (WS26, „Hinter unserm Hause“) aus Lammersdorf (ripuarische Eifel) | © Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Marburg
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Ausschnitt aus dem Wenkerbogen 26101 (WS26, „Hinter unserm Hause“) aus Lammersdorf (ripuarische Eifel) | © Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas, Marburg

Neben diesen Unterschieden auf der Lautebene gibt es auch manche Differenzen auf der Wortebene. Für ziehen wird im nördlichen Teil der Eifel die Form trecke verwendet, wohingegen im südlichen Teil die Form zeeje üblich ist. Kartoffeln kennt man im ripuarischen Teil der Eifel als Ääpel ‚Erdäpfel‘, während sie im moselfränkischen Gebiet Jrompere ‚Grundbirnen‘ genannt werden.