Straßennamen mit dialektalen Vogelbezeichnungen

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Eine Nachbarschaft, in der sich Straßennamen rund um die Vogelwelt finden, kennen wohl die meisten. Ob einheimische Vögel wie die Amsel oder exotischere Vertreter wie der Papagei: der Ornithologie sind keine Grenzen gesetzt.

In seltenen Fällen aber erscheint der Name nicht im Standarddeutschen, sondern in seiner dialektalen Form. Ist man dann mit dem Wortgebrauch oder der Lautung nicht vertraut, kann es sein, dass man nicht erkennt, was dahintersteckt.

Straßennamen basieren häufig auf Flurnamen, also auf Bezeichnungen von sehr kleinräumigen Geländetypen. Das können Felder, Wiesen, Hügel, Höfe oder andere Landmarken sein. Wenn ein Gebiet dafür bekannt war, dass dort besonders viele Vögel – allgemein oder einer bestimmten Art – lebten, wurde es unter Umständen danach benannt. Auch die Vogeljagd konnte namensgebend für Flure sein.

Einzigartig in Deutschland ist der Lievelingsweg in Bonn – keine andere Straße trägt die dialektale Bezeichnung für ‚Lerche‘ in ihrem Namen. Zum ersten Mal wird diese Straße 1899 als Liefelingsweg erwähnt, die Umbenennung in Lievelingsweg fand 1928 statt. In historischen Dokumenten gibt es aber Belege für Flurnamen, die zu Lieveling/Liefeling zu stellen sind:
 
1284 Lewerkinberch in Ahrweiler
1423 by der alderlewircken in Aachen
1429 der Levericksanck in Bornheim
1472 die Lewerck in Aachen 1585 auf der Lieberingh in Wolken (bei Koblenz)

Ähnlich ist es beim Kawitt oder Kiwitt (auch mit v geschrieben). Hätten Sie gewusst, dass es sich hierbei um den Kiebitz handelt, nur ohne Zweite Lautverschiebung? Am ganzen Niederrhein gibt es Straßennamen mit diesem Bestandteil: Kawittenberg (Mönchengladbach), Am Kavitt (Willich), Kivitter Hof(Korschenbroich), Am Kiwittenberg (Neuss), Auf dem Kiwitt und Kleiner Kiwitt _(jeweils Voerde), Kiwittenberg (Oberhausen), Kiwittstraße (Essen) Kiwittsweg (Geldern) und Kiwittweg (Kalkar).
 
Historische Belege für Flurnamen mit dem Kiebitz als Bestandteil sind:
 
1331 Kyvith in Sonsbeck
1745 auff der Quivit in Merzenich-Girbelsrath.

Zum Schluss kommen wir noch zu einem kleinen Vögelchen, für das die Menschen im Rheinland gleich eine ganze Reihe von Namen haben: dem Sperling, auch Spatz genannt.

Laut dem Fragebogen 11, in welchem auch Namen für den Spatz abgefragt wurden, ist die Bezeichnung Putsch nur noch in einem kleinen Gebiet am südlichen Niederrhein gebräuchlich. Dort wurde sie aber nicht in Straßennamen verewigt – dafür allerdings in Velbert im Bergischen Land: Am Putschenholz weist auf ein Waldstück mit großer Spatzenpopulation hin. Die häufigste dialektale Bezeichnung für Spatzen im Rheinland ist jedoch Mösch oder Müsch(e), wobei damit auch Vögel im Allgemeinen und sogar fliegende Insekten gemeint sein können. Vor allem im zentralen Rheinland, jedoch nicht ausschließlich, haben die possierlichen Möschen es in Straßennamen geschafft: Am Möscheberg (Mönchengladbach), Möschbachstraße (Bad Honnef), Müschenfeld (Kleve), Am Müschekamp (Alsdorf), Müschbungert (Siegburg), Müschenend (Waldfeucht).

Bild
Ob diese beiden Am Möscheberg leben? | © Dimitri L. Lindenwald CC BY-SA 3.0
Bildunterschrift
Ob diese beiden Am Möscheberg leben? | © Dimitri L. Lindenwald CC BY-SA 3.0