Schluckauf

Text

Am unteren Niederrhein kannten die Menschen früher folgenden Vers, der etwas gegen den Schluckauf bewirken sollte (zitiert nach Gahlings/Matenaar 1936/1986, S. 134): „Ek heb de Schlek, / ek heb de Hek, / ek heb de Pek, / ek gêêf öm dran, / ek gêêf öm Jan, / eenen alde Man.“ Gleich drei reimende Bezeichnungen des Schluckaufs werden in diesem Dialekttext bemüht: Schleck, Heck und Peck (oben in anderer Schreibung). In der regionalen Umgangssprache, die auf der Karte dokumentiert wird, wird aus dem _e-_Laut ein i: Schlick und Hick. Die Übersetzung des Verses lautet: „Ich habe den Schlick, / ich habe den Hick, / ich habe den Pick, / ich gebe ihn drann, / ich gebe ihn Jan, / ein alter Mann.“  

Wie die Karte zeigt, tauchen Hick (grün) und Schlick (blau) in allen Regionen des Rheinlands auf; Hick und Hicks sowie Schlick und Schlicks werden hier jeweils zusammengefasst. Am linken Niederrhein war Hickepick (orange) sehr oft auf den Fragebogen zu finden. Es handelt sich erkennbar um die Kombination von Hick und Pick, wobei die Fuge zwischen beiden Wörtern durch eine dritte Silbe gefüllt wird. Dasselbe Wortbildungsschema zeigt sich bei Hickeschlick (gelb), einer Bezeichnung, die vor allem am rechten Niederrhein verwendet wird. Auch südlich von Nettetal und Krefeld taucht Hickepick immer mal wieder auf, so noch in Titz und Monheim.  

Zu Hick und Hicks (grün) wurde auch Hickes gerechnet, analog dazu Schlickes zu Schlick und Schlicks (blau). Einige Male kam auch Hickser vor (so unter anderem in Ratingen, Wuppertal, Krefeld oder Eschweiler). Spielformen von Schluckauf scheinen Schluckop oder Schlickauf oder Hickauf zu sein. Neben Hickeschlick wurde in Voerde auch Hickesschlick und in Mülheim an der Ruhr Hickeschlicks notiert. Es hat den Anschein, als lade der Schluckauf die Menschen dazu ein, die regional gebräuchlichen Bezeichnungen spielerisch zu verändern. Die Karte für die Schluckauf-Bezeichnungen in den Dialekten finden Sie hier.  

Hick hat eine lange Geschichte und begegnet im Niederländischen als hik: Ik heb de hik ‚Ich habe Schluckauf‘. Schlick lässt sich ebenfalls bis ins Mittelalter zurückverfolgen und ist mit schlucken und niederländisch slikken verwandt. Mehr zu Geschichte beider Bezeichnungen ist im etymologischen Wörterbuch „Wo kommt dat her?“ zu finden (Honnen 2018, S. 188/189, 500). Innerhalb des deutschen Sprachraums treten zahlreiche regionale Bezeichnungen in Erscheinung, man denke etwa an Higgi oder Hitzgi in der Schweiz oder an Schnackler in Bayern und im Osten von Österreich und an Schnackerl im österreichischen Westen (Eichhoff 1977, Karte 5; Atlas zur deutschen Alltagssprache, Runde 10).

Bild
Schlicks | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
Schlicks | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

Auf dem ILR-Fragebogen hatte gestanden: „Wie nennen Sie den ‚Schluckauf?“ Wer dann Hickepick oder Schlicks oder Hickser notierte, wurde nicht gefragt, wem gegenüber er/sie denn nun diese Bezeichnung oder aber das hochdeutsche Schluckauf benutzt: Gegenüber einem Arzt? Gegenüber Gleichaltrigen aus dem eigenen Ort? Gegenüber Kindern? Festzuhalten bleibt, dass hier eine enorme Fülle an Bezeichnungen und Spielformen im regionalen Angebot vorliegt.  

Die Karte beruht auf der ILR-Fragebogenerhebung des Jahres 2012. Dargestellt werden darauf die Antworten der damals 45 bis 64 Jahre alten Personen. Lagen für eine Kommune zahlreiche Fragebögen für diese Altersgruppe vor, wurden nur zehn für die Karte berücksichtigt (die der zehn vom Alter her in der Mitte liegenden Personen). War für eine Kommune nur eine einzige Variante einzuzeichnen, ist das Kreissymbol einfarbig gefüllt. Dagegen signalisiert das Halbe-halbe-Symbol, dass zwei Varianten gleich stark waren. Kam eine Variante häufiger als die zweite vor, wurde das Dreiviertelsymbol gewählt. Lila steht für eine andere zahlenmäßige Variantenkonstellation oder für eine weitere Variante (die nicht in der Kartenlegende aufgeführt ist).   

In einem weiteren alten Vers vom Niederrhein taucht auch das dialektale Pendant zu Hickepick auf: „Ek heb den Hekkebek, / ek heb öm now, heb öm dan, / ek gôôf öm minne Nêêvemann“ (Gahlings/Matenaar 1936/1986, S. 134); häufiger als die Variante Heckebeck wird wohl Heckepeck im Dialekt vorkommen. Übersetzt: „Ich hab den Hickepick, / ich hab ihn nun, hab ihn dann, / ich gab ihn meinem Nebenmann“. Seinerzeit glaubten oder hofften die Menschen, dass Sprüche wie diese den Schluckauf vertreiben könnten.