pappsatt

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Nach pappsatt und puupsatt war 2005 auf dem ILR-Sprachfragebogen 8 gefragt worden; beschrieben wurde folgende Situation: „Wenn jemand nach dem Essen mehr als satt ist, dann ist er…“. Außerdem wurde die offene Kategorie „andere“ angeboten, die zu Ergänzungen einlud. Die Karte lässt erkennen, dass pappsatt im Rheinland flächendeckend bekannt ist, auch wenn hier nicht wenige Kommunen ohne jeden Beleg blieben. Das hat in vielen Fällen jedoch damit zu tun, dass dort nur ein, zwei Fragebögen vorlagen, so dass dem Zufall viel Raum geboten war.  

Es liegt nahe, bei pappsatt von einer Verwurzelung im Dialekt auszugehen. Im großen „Rheinischen Wörterbuch“ ist pappsatt denn auch zu finden, allerdings wird das Wort lediglich für Rees und Mönchengladbach verzeichnet (Rheinisches Wörterbuch 1928-1971, Band 6, Sp. 501). Wahrscheinlich war danach auf keinem der Fragebögen, die dem Wörterbuch zugrunde liegen, gezielt gefragt worden; vielmehr dürfte es sich bei diesen beiden Belegen um „Beifang“ handeln. Im Bonn-Beueler Dialektwörterbuch von 1986 stößt man ebenfalls auf den Eintrag pappsatt, dessen Bedeutung mit ‚übersatt‘ und ‚mehr als satt‘ angegeben wird: Ich ben pappsatt, su vell Eerzezupp han ich noch selde jejesse ‚Ich bin pappsatt, so viel Erbsensuppe habe ich noch selten gegessen‘ (Bücher 1986, S. 596; Schreibung verändert). An anderer Stelle ist in diesem Dialektlexikon decksatt in der Bedeutung ‚vollauf gesättigt‘ zu finden (der Vokal in der ersten Silbe ist derselbe wie in Methan). Der Beispielsatz lautet: Noo drei Stöcke von dem Röftekooche woor dat Kend decksatt ‚Nach drei Stück von dem Streuselkuchen war das Kind dicksatt‘ (Bücher 1986, S. 457, Schreibung verändert).

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pappsatt | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0
Bildunterschrift
pappsatt | © LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, CC BY 4.0

In den meisten Kreisen und Großstädten des Rheinlands wurde pappsatt von mehr als der Hälfte der Gewährsleute bestätigt. Sogar ausnahmslos auf allen Fragebögen angekreuzt wurde es in Oberhausen, Essen, Mülheim an der Ruhr, Aachen und Leverkusen; in Duisburg bestätigten es immerhin neun von zehn Personen. In Rees (siehe oben) waren es drei von vier, in Mönchengladbach sieben von zehn und in Bonn neun von zehn Gewährsleuten. Vergleichsweise wenige Kreuzchen waren zu verbuchen im Kreis Kleve, in Krefeld und im Kreis Viersen sowie im Oberbergischen Kreis. In Remscheid, wo insgesamt nur vier Fragebögen zusammengekommen waren, bestätigte niemand pappsatt; dort wurde dreimal dickesatt und einmal deckesatt eingetragen (siehe unten).  

In Krefeld und in den benachbarten Kreisen Viersen und Kleve schnitt puupsatt viel besser ab als pappsatt; hier die Zahlen zum Vergleich (Gesamtzahl der Gewährsleute – pappsattpuupsatt):   

Kleve              52        19        34
Krefeld            10          1          9
Viersen           48        18        31

Auch im Kreis Wesel (31 – 16 – 12) und in Mönchengladbach (10 – 7 – 3) fiel puupsatt noch ins Gewicht. Diese Bezeichnung ist demnach am unteren Niederrhein beheimatet, kommt in den niederrheinischen Ruhrgebietsstädten (siehe oben) aber offensichtlich nur selten vor. Bezieht man wiederum die Dialekte mit ein, dann finden sich im „Rheinischen Wörterbuch“ mehr Ortsbelege als im Fall von pappsatt: So ist puupsatt am unteren Niederrhein dialektal gut bezeugt, weitere Belege stammen aus Neuss (pupesatt) und aus Hellenthal in der Nordeifel (Rheinisches Wörterbuch 1928-1971, Band 6, Sp. 1213).  

Hinweise darauf, mit welchen Synonymen zu pappsatt und puupsatt in der regionalen Umgangssprache noch zu rechnen ist, geben die Einträge der Gewährsleute unter „andere“. Sie deuten darauf hin, dass vor allem piepesatt, bauchsatt und dickesatt in dieser Bedeutung verwendet werden. Mit piepesatt (oder piepsatt; auch piepensatt) ist in der nördlichen Kartenhälfte zu rechnen. Dagegen ist bauchsatt ein Wort des Südens; es entspricht den Dialektvarianten buckesatt und buchsatt, die ebenfalls auf einigen Fragebögen zu finden waren. Auch dickesatt (seltener dicksatt) begegnet eher im südlichen Teil des Rheinlands; es korrespondiert mit decksatt im Dialekt von Bonn-Beuel (siehe oben).

Lautvarianten mit drei Silben wurden von den Gewährsleuten auch für pappsatt und puupsatt eingetragen: pappesatt und seltener pappensatt, puupesatt und seltener puupensatt. Für die Karte wurden pappesatt und pappensatt wie pappsatt gewertet. Die Karte präsentiert die Antworten der Altersgruppe 45 bis 64 Jahre (bezogen auf das Jahr 2005). Auch wenn für eine Kommune mitunter weit mehr Fragebögen vorlagen, wurden nur zehn für die Karte berücksichtigt (die der zehn vom Alter her in der Mitte liegenden Personen).  

Das Rheinische Wörterbuch (siehe oben) ordnet pappsatt dem Stichwort Papp zu, das geschieht ebenfalls im Etymologischen Wörterbuch für die regionale Umgangssprache des Rheinlands (Honnen 2018, S. 395). Diese (oder: dieser) Papp bezeichnet unter anderem einen Essensbrei oder eine Milchsuppe. Viele Menschen werden an die/den Papp denken, wenn sie von sich sagen, sie seien pappsatt. Oder so satt, dat se nich mehr papp sagen können.