Palmvogel

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Nicht mehr sehr bekannt im Rheinland ist der Brauch der Palmvögel. Zu Palmsonntag wurden Hefeteigstücke in Vogelform gebacken, die die Kinder auf Stöcke steckten (manchmal mit einem Palmzweig verziert) und ihren Taufpat:innen schenkten. Der Brauch war nicht im ganzen Rheinland verbreitet, sondern hauptsächlich am Niederrhein, und darüber hinaus in den Niederlanden, wo seine Herkunft vermutet wird. Die Ergebnisse der Erhebung für den Dialektatlas Dialekt á la carte aus den 1980er Jahren zeigen viel begriffliche Varianz im Erhebungsgebiet, am Niederrhein nennt man das Gebäckstück im Dialekt durchgehend Mös, oder in Zusammensetzung mit dem Palmzweig, Palmmöske. Sie finden die Karte hier.

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Palmvogel
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Palmvogel

Mös oder Mösch ist in den kleverländischen Dialekten des Niederrheins die Bezeichnung für den Spatz, oder generell für einen kleinen Vogel. Die Bezeichnung kommt vom galloromanischen muscio, was wiederum auf lateinisch musca ‚Fliege‘ zurückgeht. (Zur Verbreitung der Bezeichnung Mös/Mösch siehe die hier verlinkte Karte.)

Die Karte aus der Gebäckumfrage von 2022 des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte zeigt, dass Palmvögel am Niederrhein immer noch bekannt sind: Bis hinunter nach Dinslaken und Geldern meldeten nur wenige Gewährspersonen, dass sie keine Palmvögel kennen (gelbe Punkte). Palmmösske (rote Punkte) wird in diesem Gebiet sogar häufiger verwendet als das standardnähere Palmvögelchen (grüne Punkte), in Speelberg, Kalkar, Sonsbeck und Rheinberg sind beide Varianten in Gebrauch (blaue Punkte). Interessant ist, dass sich auch aus dem übrigen Rheinland noch Gewährspersonen meldeten, welche Palmvögel kennen; sogar aus Kreuzrath und Carlstadt wurde noch das dialektale Palmmösske genannt.